Carl-Brilmayer-Gesellschaft e. V.


GAU-ALGESHEIMER IM ALL

Asteroid „Alagasta“ vor 100 Jahren entdeckt. Hobby-Astronom hofft auf gutes Wetter

Von Klaus Rein

Allgemeine Zeitung, 7. Januar 2013 - Seit 4,6 Milliarden Jahren ist „Alagasta“ im All unterwegs. Fünf Jahre und 102 Tage braucht der Asteroid, um die Sonne auf einer elliptischen Bahn zu umkreisen, legt dabei 17,1 Kilometer pro Sekunde zurück. Der Mini-Planet mit einem stattlichen Durchmesser von gut 62 Kilometern dreht sich in knapp 18 Stunden ein Mal um die eigene Achse und wahrt riesigen Abstand von der Sonne. Seine Bahn zieht er mit einem Abstand von 2,849 und 3,215 AE - ein AE entspricht der Distanz zwischen Sonne und Erde.

Michael Specht wird Montagabend seine private Sternwarte in der Gau-Algesheimer Jahnstraße entern und in vier Metern Höhe nach „Alagasta“ Ausschau halten. Denn vor genau 100 Jahren hat der Wiesbadener Astronom Franz Kaiser in Heidelberg den Stern entdeckt, der seit 1926 den Namen der Geburtsstadt seines Vaters Theobald trägt. „Alagasta“ hieß ursprünglich „1913 QO“ und wurde 13 Jahre später mit Zustimmung des Gau-Algesheimer Rates von Kaiser umbenannt. Die heutige Bezeichung „738 Alagasta“ geht auf diese Namensgebung zurück und weist aus, dass es sich um den 738. offiziell anerkannten Asteroiden handelt. Ein Entdecker-Frühchen also im Sonnensystem, das inzwischen über exakt 587 271 Geschwister verfügt.

Von Kindheit an hat sich Michael Specht (50) mit dem Sternenhimmel beschäftigt. Ein Buch mit Abbil-dungen des „Pferdekopfnebels“ faszinierte den Jungen, der sich mit einem Billig-Fernglas - „7,50 Mark hatte das gekostet“ - auf Nebel-Suche begab. „Für Alagasta reicht eigentlich schon ein 70-Millimeter-Feldstecher“, lässt der Bankangestellte wissen. Sein Teleskop hat mehr zu bieten: Brennweite 125 Zen-timeter, Spiegeldurchmesser zehn Zoll.

Specht hofft auf klaren Himmel, dann wird er Alagasta im Umfeld von Jupiter und Plejaden ausmachen. „Man muss sich ein Dreieck aus diesen Himmelskörpern und „Alagasta“ vorstellen, der dann die südliche Spitze wäre“, erklärt Specht dem Stern-Laien. Zu denen auch Nachbar Norbert Diehl zählt, der mehr Interesse an der Entdecker-Familie Kaiser als an dem Asteroiden selbst bekundet. Aber Specht wird seinen historisch bewanderten Nachbarn rufen, um bei guter Sicht den fernsten aller Gau-Algesheimer gemeinsam bewundern zu können.

Specht dokumentiert jede seiner Himmelsbeobachtungen mit Kamera und Computer - zwischen 15 und 20 Abende pro Jahr kann er seinem Hobby nachgehen. Norbert Diehl (66) wird sich hingegen eher mit Dr. Franz Kaiser beschäftigen, der zwischen 1911 und 1915 insgesamt 21 Asteroide entdeckte. Namen wie Wisibada, Mattiaca, Moguntia, Gutemberga oder Hohensteina belegen die Verbundenheit mit der Region. Heinrich Vogt, ein Gau-Algesheimer Astronom, bereicherte mit seiner einzigen Entdeckung „Marhanna“ die Fachliteratur, in die auch „3183 FranzKaiser“ (in einem Wort geschrieben) Eingang fand. Von Sternenforscher Karl Reinmuth nach dem Alagasta-Entdecker und Gründer der Astronomischen Gesellschaft „Urania“ in Wiesbaden benannt.

Nach der Endzeit-Stimmung vor der Jahreswende darf die Frage nicht fehlen: Kann „Alagasta“ die Erde gefährden? Michael Specht verneint das aufgrund der erdfernen Umlaufbahn. Der Erde bislang am nächsten gekommen ist „2008 TS26“. Am 9. Oktober 2008 passierte der ein Meter große Asteroid die Erde in einem Abstand von 6.150 Kilometer. Somit können Specht und Diehl in aller Ruhe an der nächsten Heimatbeilage für das Amtsblatt ihrer Verbandsgemeinde schreiben - über Gau-Algesheim im All.