Carl-Brilmayer-Gesellschaft e. V.

Karl Domdey: Der Ehrenbürger aus der Arbeiterschaft (1891-1955)

Karl Domdey wurde am 21. Januar 1891 in Bingen am Rhein geboren. Sein Vater war als Kutscher u.a. bei der Familie Avenarius beschäftigt, seine Mutter war Hausfrau. Sie wohnten in einem der Firmenhäusern in der Ingelheimer Straße.

Nach der Volksschule absolvierte Karl Domdey eine Lehre als Schlosser in Gau-Algesheim. Vom 2. Januar 1912 bis zu seiner Pensionierung arbeitete er bei der Firma Maehler & Kaege in Ingelheim. Als Werkmeister war er bei den Mitarbeitern und der Werksleitung geschätzt. 1954 feierte er sein 40jähriges Berufsjubiläum. Er vertrat als Gewerkschafter lange Jahre die Arbeiter im Gesellenprüfungsausschuß der Industrie- und Han-delskammer.

Am 12. Juli 1918 heiratete Karl Domdey in einer Kriegstrauung Katharina geb. Saalwächter aus Ingelheim. Er hatte sie während ihrer Berufstätigkeit in Gau-Algesheim kennengelernt. Hier in der Schillerstraße Nr. 11 verbrachten sie auch ihr weiteres gemeinsames Leben.

Schon im Jahre 1923 wurde Karl Domdey in den Stadtrat von Gau-Algesheim gewählt. Er wuchs als noch junger Mann sehr schnell zum anerkannten Sprecher der sozialdemokratischen Ratsfraktion heran. Mit ihm und seinem Verständnis von Politik verbinden sich: Eintreten für Recht und Gerechtigkeit, Bereitschaft zum Ausgleich und zur Verständigung, maßvolles und abwägendes Urteilsvermögen, Ruhe, Sachverstand und Erfahrung, Freund und Helfer für jeden, gleich welcher Partei, Konfession oder Berufsgruppe er angehörte.

Nicht zuletzt deshalb wurde Karl Domdey bereits 1932 und nach 1945 mehrmals zum 1. Beigeordneten unserer Stadt gewählt. 1933 wurden der Sozialdemokrat und Bürgermeister Anton Trapp vom katholischen Zentrum durch die Nationalsozialisten aus ihren Ämtern entfernt. Dem Kreistag Bingen gehörte Karl Domdey lange an. Eine Kandidatur für den Landtag lehnte er aus Altersgründen ab.

Die Liebe zum Chor-Gesang war ein wichtiger Bestandteil seines Lebens. Deshalb gehörte Karl Domdey am 10. Juli 1922 zu den Gründern des Gesangvereins „Arbeiter-Männerquartett Sängerlust“. Es waren überwiegend Arbeiter, die sich aus dem Gesangverein „Cäcilia“ heraus gelöst hatten. Am 15. März 1924 wählte die Generalversammlung Karl Domdey als Nachfolger von Peter Maus zum Präsidenten des Vereins. Er blieb dies 30 Jahre lang, in den schweren Zeiten des Ruhrkampfes und der Ausweisung, der Diktatur, der Zerschlagung der Arbeiterbewegung, des Krieges und der Nachkriegszeit, bis er nach über 30 Jahren in der Generalversammlung am 22. März 1955 sein Amt an Hans Klingelberger weitergab. Karl Domdey genoß hohes Ansehen auch als Alterspräsident aller Vereine in unserer Stadt.

Am 11. Februar 1955, nur wenige Monate vor seinem frühen Tod, erhielt er, anläßlich des 600. Jahrestages der Stadterhebung Gau-Algesheims, zusammen mit Dr. Heinrich Avenarius-Herborn die Ehrenbürgerschaft. Karl Domdey starb am 5. April 1955 im Alter von 64 Jahren; die Beisetzung fand am Karfreitag unter großer Anteilnahme der gesamten Stadt, zahlreicher Vertreter des öffentlichen Lebens und in Anwesenheit des Regierungspräsidenten von Rheinhessen Dr. Rückert statt. Seine Sangesfreunde vom Männerquartett „Sängerlust“ hielten an seinem Sarg in der Friedhofskapelle die Totenwache.

Nach seinem Tod wurde eine Straße, die das alte Gau-Algesheim mit dem Neubaugebiet am Fuße des Westerbergs verbindet, nach Karl Domdey benannt.

(Hans Litzius, Lesebuch, 1999, S. 189-190)

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