Carl-Brilmayer-Gesellschaft e. V.

Joseph Rudolf: Pfarrer und Ehrendomkapitular (1868-1952)

RPPDnd - Am 15. März 1868 wurde Joseph Rudolf als ältester Sohn von elf Kindern in Bingen geboren. Der Vater, Peter Rudolf, war ein unermüdlicher Kämpfer für die Anliegen der katholischen Zentrumspartei. Die Mutter, Veronika geb. Arnold, eine fromme Frau, führte ihre Kinder an den großen Reichtum Binger Brauchtums heran. Von diesen Kindheitserinnerungen schrieb 1946 Joseph Rudolf in dem vortrefflich gestalteten und redigierten „Binger Kirchenkalender“ (S. 21-25):

„Wenn die Adventszeit kam, harrten sie (die , Hocke' auf dem Markt) aus, bis in den späten Abend und hielten in Ständen aus Latten und Planen, selbst zu unförmlichen Massen gegen die Winterkälte gemustert, im rötlichen Schein der Sturmlaternen, ihre Schätze feil: allerhand Weihnachtsgebäck, Lebkuchen, handgemalte Spanschachteln mit verzuckerten Korianderkörnern und Weihnachtsschäfchen: Leib aus Lette, eingehüllt in Watte, vier Hölzchen als Beine, Kunstwerke ersten Ranges, alles ausreichend für die damalige Genügsamkeit. An Ostern saßen die ,Hocke' hinter den großen Toren der Markthäuser und verkauften Ostereier, weiße und bunte, damit die Buben, ‘kippen' konnten.

Auch die Jugend benutzte gern den Marktplatz zu ihren Fangspielen und mußte nicht selten ihre Seiltänzerkünste auf dem Rande des Beckens mit einem kalten Bad bezahlen. (. . .) Auf einer der beiden steinernen Wendeltreppen mit dem Küster über den Kirchenspeicher in den Hauptturm, zu den Glocken, der Uhr oder der äußeren Galerie zu steigen, war ein Hauptspaß für den Meßdiener oder jeden anderen Bub.“

Joseph Rudolf war nicht nur Meßdiener gewesen, sondern auch Chorknabe unter dem besinnlichen und tieffrommen Organisten und Dirigenten des Knabenchors Georg Weiß. Dem um Bingen hochverdienten Kaplan Dr. Peter Bruder war der begabte Junge aufgefallen. Er erteilte dem Volksschüler Privatunterricht, so daß Joseph vierzehnjährig sogleich in die Untertertia des Aschaffenburger Gymnasiums aufgenommen werden konnte. Die beiden letzten Gymnasialjahre absolvierte Joseph Rudolf in Eichstätt. Doch die Ferien, die verbrachte er stets in seiner Binger Heimat. Dem Binger Leben blieb er liebevoll verbunden und man spürt die Freude, die er daran hatte in dem Aufsatz aus dem Binger Kirchenkalender, dessen erweitertes Manuskript sich im Pfarrarchiv zu Gau-Algesheim befindet. Dort heißt es:

„Von dem Leben und Treiben in ,Alt-Bingen' sei auch noch einiges erwähnt. In den engen Straßen spielte die Jugend ihre Fang- und Versteckspiele. Je nach der Jahreszeit waren die verschiedensten Spiele an der Tagesordnung, so das Klickerspiel, das ,Doppschen', das Spielen mit Knöpfen und Bohnen. In der Fastenzeit schwang jeder seine Kleppern, was seinen Anfang nahm mit dem Auftreten der Kleppergarde beim Karnevalszug. Wenn der Saft in die Weiden stieg, wurden am Naherech Pfeifen und Schalmeien gemacht. Im Spätjahr, wenn die Winde sich erhoben, wurden Drachen gebastelt, die dann an langen Kordeln in die Lüfte stiegen. Auch das Stelzenlaufen war beliebt, und je höher sie waren, desto stolzer die Läufer.

In der Adventszeit besuchten viele Jugendliche mit ihren Angehörigen die Roratemessen, damals um 6 Uhr früh, dabei spielte die ,kleine' Handlaterne vielfach eine ,große' Rolle.“

Die Feier der heiligen Liturgie blieb für Joseph Rudolf ein wichtiges Anliegen sein gesamtes Leben hindurch. Nach glänzend bestandenem Abitur zog er 1887 in das wiedereröffnete Priesterseminar in Mainz ein. In der Verfolgungszeit der katholischen Kirche während des vorausgegangenen Kulturkampfes war unter anderem auch das Priesterseminar geschlossen worden. Während der vierjährigen theologischen Studien wirkte der Alumnus eifrig bei den Festämtern im Mainzer Dom mit, zuletzt als Zeremoniar. Nach Abschluß seiner Studien durfte der junge Diakon Bischof Dr. Paul Leopold Haffner auf seinen Firmreisen begleiten. Bis in sein hohes Alter wirkte er gern beim Rochusfest als presbyter assistens (Priester, der dem Bischof assistiert) beim Pontifikalamt mit. Von diesem Fest schreibt er in seinen „Erinnerungen“:

„Der Sonntag nach Mariä Himmelfahrt brachte das Rochusfest. Gern beteiligte sich der Binger an diesem wie auch an dem Oktavfest. So gern und so zahlreich sich die Binger an den kirchlichen Veranstaltungen beteiligten, so zeigten sie doch auch Interesse für die Rochusbratwurst und den Rochusschoppen, der noch besonders mundete, wenn er aus dem Rochuskrüglein verzapft wurde.“

Am 29. Juni 1892 hat Joseph von Bischof Haffner die Priesterweihe empfangen, war dann acht Monate Kaplan in Hechtsheim und hatte von dort auch die Pfarrei Laubenheim betreut, bis er 1893 nach Heimersheim bei Alzey berufen wurde, um an der Seite des durch seine Streitschriften für das Papsttum weltbekannten Pfarrers Georg Lenges zunächst als Kaplan und dann als Pfarradministrator zu wirken. Als Zeichen der Anerkennung war dem Heimersheimer Pfarrer Lenges von Papst Pius IX. persönlich ein kostbares Meßgewand verehrt worden. Diese und zahlreiche Kostbarkeiten der Diasporapfarrei Heimersheim mit den Filialen Lonsheim, Bermersheim und Albig wußte Joseph Rudolf, der dort nach dem Tod seines berühmten Vorgängers Pfarrer wurde, zu schätzen und zu pflegen. Lange vor der offiziellen Wiederentdeckung der Taufkirche der hl. Hildegard in Bermersheim hat Pfarrer Rudolf dort am Sonntag nach dem 17. September ihr Fest in dieser Simultankirche gefeiert. Die Heiligen der Heimat hatten ihn schon als Knaben interessiert. Vom heiligmäßigen Bartholomäus Holzhauser, dem Binger Pfarrer und Gründer ei-ner europaweiten Priestergemeinschaft schreibt er in seinen „Erinnerungen“:

„Am Bartholomäustag war es für die Binger ein Ereignis, besonders auch für die Jugend, daß die Krypta zugänglich war. Links vom Rochusaltar (heute ist der Eingang durch die Stufen zum Chor verdeckt) stieg man hinab, wo in einem kleinen Sarg, der auf dem Altar stand, die Gebeine des Bartholomäus Holzhauser aufbewahrt wurden, die man kurze Zeit verehrte. Später wurden die Gebeine im Barbarabau beigesetzt.“

Am 1. Juli 1910 wurde Joseph Rudolf Pfarrer in der Stadt Gau-Algesheim. Schon bald (1914) wählte man ihn zum Dekan des Dekanates Ingelheim; dieses Amt behielt er inne bis zur Auflösung dieses Dekanates im Jahre 1930; den Titel aber durfte er weiterführen. Als Anerkennung für seine Verdienste ernannte ihn Bischof Hugo zu Weihnachten 1930 zum Geistlichen Rat. Die Arbeit in der überschaubaren Pfarrei St. Cosmas und Damian hätte angenehm bleiben können - über die eigentliche Seelsorge hinaus hatte Pfarrer Rudolf die Gestaltung des Kirchenvorplatzes in Angriff genommen -, wenn nicht der Erste Weltkrieg ausgebrochen wäre. Rückblickend auf diese Zeit sagte Pfarrer Rudolf bei einer Feierstunde anläßlich seines 40jährigen Pfarrerjubiläums:

„(...) es war Vieles auch außerordentlich gewesen. Wenn man bedenkt, daß in dieser Zeit, in diesen 40 Jahren, 10 Jahre Kriegszeit waren. Das will was heißen, von 1914-1918 und von 1939-1945. (...) Und wenn ich im ersten Kriege nichts anders getan hätte, als nur über 80 Häuser aufgesucht und den Hinterbliebenen die traurige Nachricht gebracht hätte, daß ihre Söhne, der Gatte, der Vater draußen auf dem Felde der Ehre geblieben sind, dann hätte ich wirklich schon viel geschafft gehabt. Das ist nicht nur an die Kleider gegangen, das ist ans Herz gegangen. Im letzten Krieg waren wir nicht würdig, das haben andere gemacht (...).“

Der Erste Weltkrieg hatte die Vollendung der Außenanlage verzögert. Erst 1924 konnte mit der Weihe der Mariensäule die Fertigstellung begangen werden. Es war mit der Mariensäule ein Friedensdenkmal ent-standen, das sich wohltuend von den bombastischen Kriegerdenkmälern abhob. Eine einmalige und ungewöhnliche Form fand Pfarrer Rudolf für die Neugestaltung der acht Kirchenfenster des Hauptschiffes. Am Beispiel verschiedener Heiligen, insbesondere Heilige unsrer Heimat, sind die acht Seligkeiten dargestellt. Zahlreiche Paramente ließ er anfertigen, Kirchenfahnen, einen neuen Kreuzweg, einen feu-ervergoldeten Deckel zum Taufstein, die Ewiglicht-Ampel und vieles mehr wurde angeschafft. Die Sakristei ließ Pfarrer Rudolf nach den Plänen seines Freundes Franz Tölg, des Direktors der höheren Bauschule in Bingen, einrichten. Die Sebastianus-Kapelle mit den Gedenktafeln für die Gefallenen konnte am 30. März 1930 eingeweiht werden. Zweimal war er gezwungen neue Glocken anzuschaffen, denn jeweils drei der fünf Glocken waren für Kriegszwecke beschlagnahmt worden. Das Hauptgewicht seiner Tätigkeit lag jedoch zweifellos neben der Gestaltung des Gottesdienstes auf der Pflege der sogenannten Standesseelsorge. Er gründete 1917 eine Jungfrauen-Kongregation und 1919 einen Jünglingsverein, den Mütterverein betreute er und im Katholischen Männerverein fand er die Ansprechpartner und Freunde, die vor allem auch in schweren Zeiten vonnöten sind. Von den Zeiten der Bedrängnis und der Verfolgung (1933 bis 1945) gab er keinen Bericht ab, aber auf eine Anfrage zur Vorbereitung der Diözesan-Synode schrieb er im September 1936:

„Es fehlt nicht an Bestrebungen von oben den Lehrkörper so zu besetzen, daß dabei das Bestreben, die Jugend zur Staatsjugend zu gestalten und sie den kirchlichen Vereinen zu entfremden, Erfolg haben muß. Bemühungen in dieser Richtung, die dem Zwang nicht unähnlich sind, sind vielfach festzustellen. Auch daß ein ‘katholischer' Lehrer und der einzige protestantische Lehrer sich verschiedentlich gegen Kirche und Geistlichkeit, gegen die hl. Schrift, besonders gegen das Alte Testament ablehnend, um sich nicht schärfer auszudrücken, ausgesprochen haben, wurde vielfach von deren Schülern den Eltern berichtet. (...) Was die Presse angeht, wird natürlich versucht, die Parteipresse oder ihr Nahestehende in die Familien zu bringen. (...) Bei dem Druck, der auf die Schuljugend zum Eintritt in die Jugendorganisationen der Partei ausgeübt wird und bei dem Geist, der in diesen herrscht, ist zu befürchten, daß die kirchlichen Jugendorganisationen nach und nach auf das Aussterbegleis kommen. (...) Bezüglich der Zelt- und Jugendlager ist zu bedauern, daß man immer wieder hören muß, wie der Besuch des sonntäglichen Gottesdienstes unter den verschiedensten Vorwänden verhindert oder erschwert wird. Bezüglich des Arbeitsdienstes (es gab ein RAD-Lager in Gau-Algesheim) ist ebenfalls zu beklagen, daß der Gottesdienst als etwas ganz Nebensächliches gilt. (...) Karitative Tätigkeit ist leider nur noch in geringem Maß möglich, weil die N. S. V. alles an sich gerissen hat. Gegen frühere Jahre werden jetzt nicht einmal Pfarrer und Schwestern hinzugezogen. Es ruht alles in Händen von Pg., die vielfach nicht einmal eingesessen sind und nach ihren Grundsätzen und zu Gunsten ihrer Zwecke verfahren. (...) Beim Eintreten der neuen Verhältnisse wurde der hiesige katholische Berufsbürgermeister von Seiten der Partei entfernt. Sein Nachfolger wurde ein Pg., Protestant, Dipl. Landwirt, der auf dem Laurenziberg ansässig. Bald verschwanden auch die bis dahin tätigen Gemeinderäte. (...) Als erfreuliche Erfahrung kann angeführt werden, daß die Jugend, die beim Eintritt der neuen Zeitverhältnisse organisiert war, immer und überall, wo es angezeigt ist, für ihre Ideale eintritt.“

Gau-Algesheim, das für die Nationalsozialisten das schlechteste Wahlergebnis in Rheinhessen hatte, blieb eine schwarze Bastion. Als Hitler mit dem Zug durch Gau-Algesheim fuhr, soll er zur Rheinseite aus dem Zug geschaut haben, „weil er nicht ins Schwarze blicken wollte.“ Es war für Pfarrer Rudolf in den Jahren der Bedrängnis schwer, zusehen zu müssen, wie von den „vaterlandslosen Gesellen“, die ans Ruder gekommen waren, seine patriotische Gesinnung in Zweifel gezogen wurde. In den Zeiten der französischen Besatzung nach dem Ersten Weltkrieg hatte er aus seiner vaterländischen Gesinnung nie einen Hehl gemacht. Einmal kam ihm ein marokkanischer Soldat in der Langgasse entgegen. Der junge Bursche wollte den Pfarrer zwingen, vor ihm auszuweichen. Joseph Rudolf blieb vor dem baumlangen Kerl stehen und sagte: „Je suis le Msr. Curé!“ Verdutzt sprang der Afrikaner zur Seite. Mit großem Eifer setzte sich Pfarrer Rudolf damals für die ausgewiesenen Eisenbahnerfamilien ein.

Gegenüber der kleinen evangelischen Gemeinde in Gau-Algesheim zeigte sich Pfarrer Rudolf stets wohlwollend. Gegen den Einspruch seines Studienfreundes, des damaligen Mainzer Generalvikars Dr. Mayer, setzte er durch, daß die katholische Kirchenmusik 1927 bei der Einweihung der evangelischen Kirche mitwirkte, und mit Recht konnte er deshalb 1950 anläßlich seines 40. Pfarrerjubiläums sagen: „Ich danke aber ganz besonders der evangelischen Gemeinde, die sich veranlaßt gefühlt hat, an meinem Fest in so inniger Weise teilzunehmen. (...) Als seinerzeit die evangelische Gemeinde ihr Gotteshaus hier baute, (...) da habe ich mich an den Vorsteher der hiesigen evangelischen Gemeinde gewendet und gebeten, er möge Rücksicht nehmen auf unser Geläute. Ich habe das nicht getan deshalb, damit mein musikalisches Gehör nicht verletzt werde. Ich habe darin auch eine symbolische Bedeutung gesehen. Es sollte eine Harmonie bedeuten zwischen beiden Gemeinden.“

Daß Pfarrer Rudolf mit Noblesse auch der kleinen jüdischcn Gemeinde in Gau-Algesheim begegnete, davon berichtete vor einigen Jahren Hugo Hirschberg anläßlich eines Besuches in seiner Heimat: „Pfarrer Rudolf war Ehrengast bei meiner Bar mizwa.“

Pfarrer Rudolf hatte während seiner 42jährigen Tätigkeit in Gau-Algesheim 22 Kapläne. Pfarrer Klepper, lange im nahen Ober-Ingelheim, sagte 1950: „Im Namen der 22 Kapläne (er selbst war 1933-1936 in Gau-Algesheim Kaplan gewesen) darf ich sagen, daß es allen, ohne Ausnahme, in Gau-Algesheim gefallen hat, denn hier kann man gut leben unter den Fittichen des väterlichen Freundes, Ehrendomkapitular Joseph Rudolf.“ Mit diesem seltenen Titel war Joseph Rudolf am 9. April 1950 geehrt worden, nachdem ihm drei Jahre zuvor die Stadt Gau-Algesheim die Ehrenbürgerwürde verliehen hatte. Als kurz danach einer der letzten Gau-Algesheimer aus russischer Gefangenschaft zurückkehrte und zum erstenmal seinen alten Pfarrer wieder traf, sagte er: „Herr Geistlicher Rat, ich bin wieder da!“ Worauf Joseph Rudolf ihn zur Seite nahm und erklärte: „Schorsch, ich bin kein Geistlicher Rat mehr, ich bin jetzt Ehrendomkapitular!“ Worauf selbiger Schorsch trocken meinte: „So ebbes hammer in Rußland net g'hatt!“

Es war Joseph Rudolf noch vergönnt, sein Diamantenes Priesterjubiläum als aktiver Pfarrer zu feiern, wahrlich ein Jahrhundertereignis! Danach ging er am 1. Oktober 1952 in den Ruhestand. Er blieb in Gau-Algesheim in der sogenannten alten Schule wohnen und nahm bis zuletzt am Leben der Pfarrgemeinde teil. An der Tagung der rheinhessischen Heimatforscher im Gau-AIgesheimer Winzerhaus am 9. Mai 1953 erfreute er sich noch. Am Sonntag, den 17. Mai bei der Maiandacht des Kirchenchores, der 1945 von ihm ins Leben gerufen worden war, ging er zum letztenmal in die Kirche, dann mußte er sich ins Binger Krankenhaus begeben. Im Nachrichtenblatt der Stadt Gau-Algesheim heißt es in einem Nachruf: „lm Heilig-Geist-Hospital in Bingen trugen sich die Ärzte zunächst mit dem Gedanken, ihn zu operieren (da er schon mehrere Wochen von einem schmerzenden Magenleiden gepeinigt worden war), aber sein Befinden verschlechterte sich im Laufe des Dienstags überraschend schnell. Wenige Stunden vor seinem Tod empfing er mittwochs noch zahlreiche Mitbrüder, Verwandte und Bekannte, von denen er sich friedfertig und dankbar verabschiedete, um nach dem Empfang der Sakramente (die ihm Dekan Heberer von Bingen reichte) und aller irdischen Tröstungen gegen 15 Uhr gefußt und zuversichtlich seinem Herrgott entgegen zu gehen.“

Der am 27. Mai 1953 Verstorbene wurde am 1. Juni in einer Gruft vor dem St. Josephsaltar in der Gau-Algesheimer Pfarrkirche beigesetzt. Würdigend schreibt das Nachrichtenblatt: „Seine vorzüglichen Qualitäten als Mensch sind am besten durch sein persönliches Vorbild, die vornehme und abgeklärte Distanz, mit der er während seiner über 40jährigen hiesigen Wirksamkeit den alltäglichen und kleinen Ereignissen begegnete und die Achtung, die ihm von allen Seiten entgegengebracht wurde, gekennzeichnet.“

Mit einem Straßennamen wurde Pfarrer Rudolf in Gau-Algesheim geehrt. In den Herzen vieler blieb er in den vierzig Jahren, die seit seinem Tod verflossen sind, unvergessen. Im Text des Cosmas und Damian Patronatsliedes und etlicher Laurenzilieder, die er verfaßte, wird das Gotteslob und die Liebe zu den Lokalheiligen hoffentlich noch lange weitererklingen. Dieses Lob Gottes und die Liebe zu unseren zahlrei-chen Heiligen haben das Leben des „Binger Bubs“, des hochgeschätzten Priesters, Gau-Algesheimer Pfarrers und Ehrendomkapitulars Joseph Rudolf bestimmt und geprägt.

 

Erstveröffentlichung: Ludwig Hellriegel, Vor 40 Jahren starb Ehrendomkapitular Joseph Rudolf, Heimatjahrbuch Landkreis Mainz-Bingen 1993, 107-112