Carl-Brilmayer-Gesellschaft e. V.

Rudolf Eickemeyer. Wissenschaftler, Soldat, Bürgermeister (1753-1825)

Auf der Grundlage eines Stadtrats-Beschlusses von 2011 wurde der "Alte Friedhof" in "Eickemeyer-Park" umbenannt und 2012 zusammen mit Hinweis-Schildern sowie einer Erinnerungstafel am Geburtstag von Rudolf Eickemeyer (11. März 1753) eingeweiht.

 

Nekrolog von Friedrich Lehne (1827)

Dieser als Gelehrter und durch seinen bescheidenen menschenfreundlichen Charakter in jedem Betrachte achtungswürdige Mann hatte das Schicksal, mehrere Jahre der Verläumdung des Partheigeistes zur Zielscheibe zu dienen und von Vielen, welche gewohnt sind, ohne Untersuchung das Böse zu glauben, verkannt zu werden. Dagegen hatte er aber auch das Glück, dass Keiner derjenigen, die auch nur kurze Zeit seinen Umgang genossen, die seine Besonnenheit, sein richtiges Urtheil über Menschen und Sachen, sein einfaches, von allen Prätensionen entferntes Wesen kennen lernten, jemals an seinem Edelsinn, seiner Wahrheitsliebe und seinem Ehrgegefühle zweifelte. Es war unmöglich, ihn der geringsten Unehrlichkeit fähig zu halten, da man ihn weder der Habsucht, noch dem Leichtsinn zugänglich fand. Seine Freimüthigkeit und ein gewisser Hang zur Satyre, die aber nur das Schlechte geißelte, musste ihn allerdings manchen Haß zuziehen; aber nur von solchen, die Ursache hatten, ihn zu fürchten.

 

Heinrich König, Aus dem Nachwort zu den „Denkwürdigkeiten“ (1845)

Nach seiner Versetzung in Ruhestand begab sich General Eickemeyer mit seiner Familie nach Gaualgesheim, einem vier Stunden von Mainz unfern dem Rheine gelegenen Orte, wo er einiges von seinen Eltern ererbtes Grundeigenthum besaß. Außer dem Umgange mit wenigen frühern Freunden lebte er hier in gänzlicher Zurückgezogenheit, besorgte seine kleine Landwirthschaft, bearbeitete seinen Garten selbst, und widmete die ihm noch übrige Zeit dem Lesen, und - da dieses seinem von Jugend auf an stete und wechselnde Thängkeit gewöhnten Geiste keine volle Befriedigung gab, - zu schriftstellerischen Arbeiten. Seine früher erworbenen wissenschaftlichen Kenntnisse und die in vielen Dienstjahren gemachten Beobachtungen und Erfahrungen lieferten ihm hierzu reichen und reifen Stoff. (…)

Als die Bewohner des Donnersberger Departements das Erstemal zwei Kandidaten für den Senat vorzuschlagen hatten, fiel die Wahl mit auf ihn. Und bei der folgenden Wahl erhielt er ihre Stimmen zum Mitgliede der gesetzgebenden Versammlung. Diese Beweise des Vertrauens und der Achtung konnten ihm um so mehr gelten, als sie ihm nicht nur ohn seine Bewerbung zu Theil wurden, sondern als auch bedeutende und von der obersten Staatsbehörde unterstützte Mitbewerber, besonders für den Senat, neben ihm aufgetreten waren. Indeß blieben beide Vorschlüge ohne Erfolg, da die Regierung, die immer noch eine Auswahl unter den Vorgeschlagnen hatte, dem General eben nicht sehr zugethan war.

Im Jahr 1811 übernahm Eickemeyer auf den Wunsch des Präfekten das Amt als Maire seines Wohnortes. Die Verwaltung dieser Gemeinde war damals sehr in Unordnung gerathen, und mancher Mißbrauch zum Nachtheile des Gemeindewohls eingeschlichen. Der General fand hier Gelegenheit manches Gute zu bewirken. Bereits seit einigen Jahren hatte der Weinstock, die Hauptkultur der Gemeinde, sehr durch die Rebensticher gelitten. Dieses schädliche Insekt hatte sich in solchem Grade vermehrt, daß ein gänzliches Verderbniß der Weinberge bevorstand. Durch kräftige Vorkehrungen und ein bisher noch unangewendetes Verfahren gelang es ihm, dem Uebel zu steuern. Millionen dieser Käfer wurden nämlich gesammelt und mit ihrer Brut in siedendem Wasser vernichtet, wozu die Kessel im Felde aufgestellt wurden. Der Weinertrag brachte in diesem, bekanntlich sehr günstigen Weinjahre, der Gemeinde im geringsten Anschlage hundertundsechzigtausend Gulden ein. Allein kaum war diesem Uebel gesteuert, so beraubte eine Feuersbrunst etliche und vierzig Bürger ihrer Wohnungen, ihres Getraides und ihrer Fütterung, zum Theil selbst des Hausgeräthes und der Kleidungsstücke.

Nur dem öffentlichen Vertrauen, in welchem der Maire Eickemeyer stand, hatten es die Verunglückten zu verdanken, daß ihnen die nachbarlichen Gemeinden mit dem bis zur kommenden Ernte erforderlichen Unterhalt für Menschen und Vieh beisprangen. Auch wurden sie, auf Verwendung des Präfekten, von den Bewohnern des Departements und aus der Staatskasse so wirksam unterstützt, daß noch vor Verlauf von zwei Jahren alle abgebrannten Gebäude, und zwar in ungleich höherm Werthe als vorhin, und zum Theil mit Erweiterung ihres Flächeninhaltes, wieder auferbauet waren.

Um dem Ort eine gesundere Luft und mehr Reinlichkeit zu verschaffen, auch bei der stark zunehmenden Bevölkerung und verbesserten Kultur, die Bürger in die Lage zu setzen, ihre Wohnungen zu erweitern und zu vermehren, wurden die alten Ringmauern, Thore und Thürme abgebrochen, und die Materialien zum Vortheile der Gemeindekasse veräußert, oder zu gemeinnützigen Werken verwendet. Der Gemeinde entzogenes Grundeigenthum wurde ihr wieder zuwege gebracht, öde liegender Boden urbar gemacht, und zum Theil mit Holz angepflanzt. Die Feldpolizei ward strenge gehandhabt, die verschiedenen Zweige der Verwaltung wurden geordnet, und für sparsame und getreue Verwendung der Gemeinde-Einkünfte, gesorgt.

Als mit Anfange des Jahres 1813 die Kriegsheere der Verbündeten den Rhein überschritten, besorgte Eickemeyer, als ehemaliger französischer General der Mißstimmung des Feindes ausgesetzt zu werden, im Drang des Krieges, im freien Spiel der Leidenschaften, vielleicht Beleidigungen zu erfahren, jedenfalls aber in seiner Eigenschaft als Ortsvorstand der Gemeinde eher Nachtheil zuzuziehen, als nützlich zu werden. Er zog sich daher, nachdem er sein Amt mit Zustimmung des Präfekten in die Hände seines Adjunkten gelegt hatte, nach Mainz zurück.

Bei seiner Rückkunft, nach aufgehobener Blockade, fand er seine Stelle als Maire besetzt. Die vor seiner frühern Antretung derselben einflußreiche Partei, war wieder empor gekommen. Man hatte manches Nützliche, was er zu Stande gebracht, wieder zerstört, unter dem Vorwande, die Kriegskosten zu bestreiten, einen bedeutenden Holzvorrath um ein Spottgeld verschleudert, und überhaupt die vormals bestandene Administration, von der das Gemeinde-Beste dem Privatinteresse nachgesetzt wurde, wieder geltend gemacht.

Doch nicht lange sah sich der General einem Amte überhoben, dem er sich ohne Vortheile, bloß aus Liebe zu seinen Mitbürgern unterzogen hatte. Denn nach einigen Monaten erhielt er von der damals gemeinschaftlich östreichischen und bairischen Landes-Administration die Einladung, solches wieder zu übernehmen. Die hierdurch zurückgesetzte Partei trat nun mit Klagen und Beschuldigungen gegen ihn auf; sie wurden unbegründet gefunden, und die Kläger zur Bezahlung der Untersuchungskosten verurtheilt.

Auf's Neue machte der General sich um das Gemeinde-Beste verdient. Durch seine Betriebsamkeit wurde, bei äußerst beschränkten Mitteln, der Ort erweitert, verschönert, und erhielt einen Zuwachs von mehreren Privatgebäuden. Einige öffentliche Gebäude wurden neu errichtet und andere in guten Stand gesetzt, die Straßen verbessert und an den Seiten mit Obstbäumen bepflanzt. Ein vollständiger Feuerlösch- Apparat ward angeschafft, zu mehrerer Sicherheit gegen Verbreitung einer Feuerbrunst in der Nähe des Ortes ein großer Wasserbehälter angelegt, und ihn zu speisen, der benachbarte Bach hinein geleitet. Das Gemeindehaus erhielt eine Ortsuhr und die Kirche ein neues Geläute. Der Armen-Fonds wurde durch eine getreue und sorgfältige Verwaltung gesichert, vermehrt und sein Eintrag gewissenhaft verwendet. Der Gehalt des Knabenschullehrers wurde bedeutend erhöhet, und eine Mädchenschule gestiftet.

Nachdem ein Theil des Donnersberger Departements an das Großherzogthum Hessen-Darmstadt gekommen war, wurde Eickemeyer von seinen Mitbürgern als Glied des Provinzialrathes, und 1820, beim Eintritte einer konstitutionellen Verfassung, als Abgeordneter der zweiten Kammer der Landstände gewählt. Doch seine zerrüttete Gesundheit erlaubte ihm nicht, an den Verhandlungen der Kammer Theil zu nehmen. Er fand für nöthig, während derselben zurück zu treten und auf die Wahl eines andern Abgeordneten anzutragen.

General Eickemeyer starb am 9ten September 1825.

RPPDnd - Rudolf Eickemeyer