Carl-Brilmayer-Gesellschaft e. V.

Meister Peter Byschoff von Algeßheim

Dass Menschen außerhalb ihrer Heimat Anerkennung finden, ist nicht erst ein Zug der von erzwungener oder freiwilliger Mobilität geprägten Gegenwart. Auch in der Vergangenheit haben nicht immer nur Not oder Krieg die Menschen angetrieben, ihr Glück in der Ferne zu suchen. Oft hielt ihre Heimat die Herausforderungen, um ihren Horizont zu erweitern und ihre Talente zu entfalten, nicht bereit.

Steinmetzenbruderschaften im 15. Jh.

Im Jahre 1459 trat der knapp 30jährige Baumeister Peter Bischof von Algesheim der Straßburger Steinmetzenbruderschaft bei und gelobte, „…das Buch zu halten“, d.h. sich an die Regeln der Ordnung der Steinmetzen zu halten. Um dieser Ordnung Wirksamkeit und Verbindlichkeit zu geben, hatten sich am Markustag 1459, in Regensburg Meister und Gesellen süddeutscher Steinmetzenbruderschaften versammelt. Unter der Leitung des Meisters der obersten Bauhütte in Straßburg Jost Dotzinger gründeten sie in der „Freien Stadt“ an Donau, Naab und Regen die erste überregionale Vereinigung der Steinmetzen, die als „Straßburger Ordnung“ in die Geschichte von Baukunst und Bauhandwerk, aber auch der Freimaurerei eingegangen ist.

Seit 1452 hatte Jost (Jodokus) Dotzinger von Straßburg aus die überregionale Reorganisation und Reformation der Steinmetzenbruderschaften, die an den Baustellen der großen Kirchen und Kathedralen bestanden, betrieben. In der Krise mittelalterlicher Baukunst waren die Steinmetzen in den Hütten der Kirchen gegenüber „den in Zünften organisierten städtischen Handwerkern (…) benachteiligt, da sie zumeist nicht am Ort sesshaft und zum Herumziehen gezwungen waren, wenn die Hütte bei Bauabschluss aufgelöst oder bei Geldmangel reduziert wurde.“

Jost Dotzingers Tätigkeit als Meister und Richter der obersten Bauhütte zu Straßburg in den Jahren zwischen 1452 und 1472 und die von dort ausgehenden organisatorischen Leistungen bei der Neuordnung der für die mittel- und süddeutschen Steinmetzenbruderschaften maßgebenden Satzungen sind die am besten belegten Kenntnisse über den gebürtigen Wormser. Darüber, wo er seine Lehrzeit verbrachte, ob er über die Schweiz nach Weißenburg und Straßburg kam, zunächst als Architekt an Alt St. Peter und seit 1451 als kommissarischer Leiter der Hütte „Unserer Lieben Frauen Werk“, schließlich welchen Anteil er am Taufstein von 1453 im Nordquerschiff des Straßburger Münsters hat, darüber überwiegen begründete Vermutungen.

Biografisches zu Peter Bischof

Wohl um 1430 wird Peter Bischof im kurmainzischen Algesheim, wo die Familie Bischof schon im 14. Jh. urkundlich belegt ist, geboren. Geburtsort und Geburtszeit legen seine Tätigkeit als Steinmetz in Straßburg, seine Zugehörigkeit zur dortigen Bruderschaft, sein Wirken in Neuhausen sowie die verbürgten Bezeichnungen „Meister Peter von Algeßheim“ und „Peter Byschoff von Algeßheim“ nahe. Noch ohne Werkmeisterstelle tritt Peter Bischof 1459 der Straßburger Brüderschaft bei, fünf Jahre später, am 9. April 1464, findet sich „Meister Peter von Algeßheim, Meister zu Nühüsen“ unter den Meistern und Gesellen einer Meistertagung, zu der die oberste Haupthütte zu Straßburg nach Speyer eingeladen hatte. Am 24. Januar 1468 entscheidet Jost Dotzinger einen Streit zwischen zwei Meistern und zieht als Berater Peter Bischof, den „Meister des Buwes zu Nüwehusen by Worms“, mit zwei anderen Meistern als Berater hinzu.

Ein „Hüttenbrief“ vom 1. Mai 1473 bezeichnet Peter Bischof von Algesheim als „statt murer“ von Straßburg; demnach hatte er die Stelle eines städtischen Maurerwerkmeisters inne. Die ihm zugeschriebenen Werke in Straßburg und Neuweiler weisen darauf hin, dass Peter Bischof im Jahr 1480 noch als Baumeister tätig war, so dass er nach 1480 gestorben ist.

Spuren der beruflich-künstlerischen Tätigkeit Peter Bischofs können wir in Straßburg, im elssäsischen Neuwiller und in Worms-Neuhausen finden.


Die St. Katharinenkapelle im Münster

Das Steinmetzzeichen von Peter Bischof findet sich an einem Epitaph in der um 1340 an das südliche Seitenschiff des Straßburger Münsters angebauten Katharinenkapelle. Das Grabmal des 1480 verstorbenen Bürgermeisters Konrad Bock und seiner Gemahlin Margarethe Beger(in) stellt in einer traditionellen Form den Tod Mariens („Dormitio“) dar, der seitlich vom Pfosten mit Maßwerk und je einem Engel flankiert, nach oben von einem Halbbogen mit Maßwerk-Dekor geschlossen ist. Seitlich knien die Stifterfiguren. Die Inschrift darunter lautet: „Anno domini MCCCLXXX obiit Conradus bok armiger orate pro eo.“ "Im Jahre des Herrn 1480 verstarb der edle Conradus Bock. Betet für ihn."

Zu Zweifeln, ob Veit Stoß oder Peter Bischof der Schöpfer des Bockschen Grabmals sei, schreibt Marga Dörr: „Sowohl die gleichzeitige Anwesenheit des Veit Stoß in Krakau wie die starken stilistischen und kompositionellen Unterschiede fordern einen anderen Meister. (…) Die Übereinstimmung des Zeichens im Siegel des Peter Bischof mit dem Steinmetzzeichen am Bockschen Epitaph (…) deuten klar auf den Algesheimer hin.“

Die Abteikirche in Neuwiller-lès-Saverne

Das gleiche Steinmetzzeichen findet sich auch an einem hl. Grab in der Klosterkirche St. Peter und Paul zu Neuwiller-lès-Saverne (Département du Bas-Rhin), es ist mit der Jahreszahl 1478 versehen.

Marga Dörr beschreibt das Grabmal so: "In der unteren Zone kauern in drei Nischen drei Krieger, hinter dem in der 2. Zone vertikal ausgestreckten Leichnam Christi trauern die drei Frauen, seitlich von zwei Engeln gerahmt. Darüber steht in der 3. Zone eine Madonna mit Kind in einer Nische, deren Spitze bis zu dem oberen Abschluss, einer Fischblasengalerie, reicht. Von der Madonnennische her überspannt ein figürliches, handwerksmäßig sehr reiches und virtuoses Rahmenwerk die leeren Seitenflächen der 3. Zone." Sie zieht dann folgenden Schluss: "Das Werk wird wie der Mittelteil des Bockschen Grabmals in Straßburg von Pfosten mit Maßwerkdekor gerahmt. Die stilistischen Eigenheiten dieses hl. Grabes, z. B. die Kopfbedeckung und die Art der Gewandfaltung, zeigen ähnliche Merkmale wie das Epitaphium Bock. Mit hoher Wahrscheinlichkeit darf der Algesheimer auch als Meister dieses hl. Grabes angesehen werden."

Das St. Cyriakusstift in Neuhausen

Als „Meister Peter von Algesheim, Meister zu Nühüsen“ unterschrieb Peter Bischof am 9. April 1464 zu Speyer die Steinmetzenordnung zusammen mit Jost Dotzinger von Worms, den man als seinen Förderer sehen darf. Ort und Stiftskirche Neuhausen sowie die Frauenklöster Liebenau und Hochheim waren 1460 zu Beginn der Mainzer Stiftsfehde zerstört worden, nachdem mainzische Truppen ins Hochstift Worms eingefallen war. Aus Ablassbriefen geht hervor, dass Papst Pius II. in den folgenden Jahren dem Stift Neuhausen besondere Ablässe gewährte, so dass Peter Bischof 1464 als „Meister von Neuhausen“ tätig werden konnte. Vermutlich kehrte Peter Bischof um 1472 noch zu Lebzeiten von Dotzinger nach Straßburg zurück.

Die Peter-Bischof-Straße in Gau-Algesheim

Im Jahre 1947 würdigt die Stadt Gau-Algesheim mit der Schaffung einer Peter-Bischof-Straße westlich der Appenheimer Straße und der Umbenennung der Brüning-Straße, vormals Sprenger-Straße (1933-1945), in Christian-Erbach-Straße die in Algesheim gebürtigen Künstler aus dem 15. und 16. Jahrhundert.

Literaturhinweise

Binding, Günther: Baubetrieb im Mittelalter, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1993, 2. Aufl. 2013, S. 107.

Dörr, Marga: Peter Bischof von Algesheim, ein Baumeister und Bildhauer des 15. Jahrhunderts, in: 600 Jahre Stadt Gau-Algesheim, 1955, S. 94-97 und Gau-Algesheim. Historisches Lesebuch, 1999, S. 139-142.

Giese, Alexander: Die Freimaurer. Eine Einführung, Böhlau Verlag, Wien, Köln, Weimar, 1998,4., überarb. Auflage, 2005.

Meier-Kreiskott, Stefanie: Spätgotische Taufsteine im deutschen Südwesten, Diss. Phil., München, 2008, Universitätsbibliothek der Lud-wig-Maximilians-Universität München, 2011, S. 108-127.

Schneegans, Ludwig: Der Werkmeister Peter von Algesheim und dessen Siegel, in: Anzeiger für Kunde der Deutschen Vorzeit, Neue Folge, 4. Jg. Nr. 4, April 1857, Sp. 105-110.

Schottner, Alfred: Die „Ordnungen“ der mittelalterlichen Dombauhütten. LIT-Verlag, Münster 1995.

Meister Peter Bischof von Algesheim (um 1430 - nach 1480)

von Marga Dörr (1955)

Ein nicht unbedeutender Baumeister und Bildhauer des 15. Jahrhunderts ist nahezu in Vergessenheit geraten: der Meister Peter Bischof aus Gau-Algesheim, der sich meist nach der Vaterstadt seiner Vorfahren Peter von Algesheim nannte. Sein Name steht in enger Beziehung zu den Steinmetzordnungen und Steinmetzbruderschaften von Regensburg (1449) und Speyer (1464).

Vier Wochen nach Ostern 1459 versammelten sich die verdienstvollsten Meister der Zeit, an ihrer Spitze der Meister der obersten Bauhütte Jodokus Dotzinger aus Straßburg (Baumeister des Münsters 1452/1472) in Regensburg und gründeten die erste Steinmetzenbruderschaft, die sich die Wahrung der überkommenen Regeln und Bauformen zum Ziel setzte. Der erhaltenen Straßburger Hüttenordnung von 1464 zufolge, die im wesentlichen auf der Ordnung von Regensburg fußt, enthielt auch die Regensburger Ordnung von 1459 Bestimmungen über die Pflichten des Meisters, Parliers, der Gesellen und der Lehrlinge, die Lehrzeit, das Verhältnis der einzelnen Bauhütten zueinander, das Gerichtsverfahren, die Gebühren und die Löhne der Mitglieder einer Bauhütte. Wir wissen nicht, ob Meister Peter von Algesheim an den in Regensburg gefaßten Beschlüssen Anteil hatte. Im Anschluß an die Regensburger „Baumeistertagung“, deren Bestimmungen durch Dotzinger in Straßburg bekannt wurden, traten dort offenbar auch jüngere Baumeister der Steinmetzenbruderschaft bei. Unter diesen gelobte 1459 Meister Peter Algessheim „...das Buch zu halten“, d. h. die Regeln der Regensburger Ordnung. Dies ist der früheste Quellenbeleg für unseren Meister Peter Bischof. In der Straßburger Urkunde von 1459 folgt auf die Nennung seines Namens kein Bauwerk. Wahrscheinlich hatte Peter von Algesheim kurz vorher den Meistertitel erworben und noch keinen Ruf als leitender Architekt erhalten.

Das Geburtsjahr Peter Bischofs durfte um 1430 anzusetzen sein. Somit wäre Meister Peter ein Zeitgenosse des Nikolaus Gerhaert von Leyden (geb. um 1420/30), Michael Pacher (geb. um 1430), älter als Veit Stoß (geb. zirka 1447), Riemenschneider (geb. um 1460), Adam Kraft und Peter Vischer der Ältere (geb. um 1450/60) und jünger als Jodokus Dotzinger, der Meister des Straßburger Münsters. Da Peter sich nach der Stadt Algesheim nennt, liegt die Vermutung nahe, daß er, zumindest aber sein Vater, auch dort geboren wurde. Im 14. Jahrhundert ist die Familie Bischof in Gau-Algesheim urkundlich zu belegen. Einer der Vorfahren Peters hatte hier Grundbesitz. Am 25. Januar 1346 nahm Emerche Bischof vom Mainzer Liebfrauenstift eine Hypothek von 1 Pfd. Ewiggült auf und verlegte insgesamt 1 Morgen, 3 Viertel und 1 Drittel Weinberg zu Unterpfand. In einer Urkunde von 1355 wird ein Grundstück des Emerche erwähnt. Auffallend ist, daß ein von der Stadt Straßburg hergeleiteter Familienname „strasburger“ um die gleiche Zeit in Gau-Algesheimer Urkunden häufig vorkommt“.

Wahrscheinlich wählte Peter Bischof Straßburg zu seinem Studienort, denn der Straßburger Haupthütte unterstanden unmittelbar Süd- und Westdeutschland bis zur Mosel und Mitteldeutschland, während Köln als Haupthütte für Norddeutschland, Wien für die habsburgischen Länder und Ungarn galten. Jodokus Dotzinger scheint für seinen Schüler und späteren Kollegen eine besondere Zuneigung gefaßt zu haben. Seinem Einfluß ist es wohl zuzuschreiben, daß Meister Peter in unmittelbarer Nähe der Vaterstadt Dotzingers, im heutigen Stadtteil Worms-Neuhausen, um 146o die Bauleitung für die St. Cyriakuskirche erhielt. Das St. Cyriakusstift in Neuhausen, eine Gründung des 9. Jahrhunderts, bestand als Stift bis 1560. Wie zahlreiche andere Bauwerke des Mittelrheingebietes wurden die Stiftsgebäude von St. Cyriakus, die bis 173o als Waisenhaus gedient hatten, 1793 durch die Franzosen zerstört. So können wir uns über die Tätigkeit des Peter Bischof an der St. Cyriakuskirche kein genaues Bild machen und sind auf Quellenbelege angewiesen: Peter Bischof unterschrieb am 9. April 1464 die Speirer Steinmetzenordnung an vierter Stelle nach Jost Dotzinger als „Meister Peter von Algesheim, Meister zu Nühüsen“. Als Baumeister von St. Cyriakus wird er auch 1468 bezeugt. In einem Streit, zwischen Hans von Mingolsheim, Baumeister an Liebfrauen bei Heilbronn und dem Steinmetzen Melchior Inchinger von Amberg, den Jost Dotzinger unter Hinzuziehung der Gesellen der Straßburger Hütte an St. Agnestag 1468 (21. Januar) gemeinsam mit 3 weiteren Meistern zugunsten Melchiors des Steinmetzen entschied, befand sich auch Peter Bischof. In der Überlieferung des St. Cyriakusstiftes wird Peter Bischof, wie es scheint, nicht erwähnt. Daß dort in den Jahren „460/80 gebaut wurde“, geht aber aus erhaltenen Ablaßbriefen hervor. In dem Streit zwischen dem Mainzer Erzbischof Dieter von Isenburg und dem Pfalzgrafen Friedrich dem Siegreichen wurden Stift und Kirche durch den Mainzer Hauptmann Graf von Gleichen zerstört und der Ort Neuhausen verwüstet. Dies veranlaßte Papst Pius II., in den Jahren 1461 und 1462 dem Stift besondere Ablässe zu gewähren.

Wie lange Meister Peter von Algesheim in Neuhausen tätig war, wissen wir nicht. 1473 weilte er erneut in Straßburg und wird als „statt murer“ der Stadt Straßburg bezeichnete. Vermutlich kehrte Peter Bischof noch zu Lebzeiten des Jodokus Dotzinger nach Straßburg zurück (um 1472). Dotzingers Nachfolger im Amt des Münsterbaumeisters wurde Hans Hammerer (1472-1494). Die Bezeichnung „statt murer“' veranlaßte Schneegans, in Peter Bischof den Stadt-Werkmeister des Maurer-Hofs zu sehen, da er neben dem Münsterbaumeister zwei städtische Meister auf dem Maurer- und Zimmer-Hof annimmt. Hier ist jedoch zu beachten, daß die Bauleitung des Münsters „Unser lieben frauwen werk“, schon Ende des 13. Jahrhunderts an die Stadtgemeinde übergegangen war, somit die Arbeitsbereiche der einzelnen Meister und Handwerker nicht so klar zu trennen sind. Der Titel „statt murer“' bezeichnet die Tätigkeit Bischofs in Straßburg nicht näher. Die Zunftordnungen der Maurer waren im Mittelalter allgemein denen der Steinmetzen angeglichen. Auch ist zu beachten, daß Bildhauer, Maurer, Steinmetzen und Baumeister im Mittelalter in der Person eines Künstlers vereinigt sein können, wie die Beispiele eines Peter Parler, Konrad Roritzer und Jodokus Dotzinger, der als Baumeister die Kanzel des Münsters schuf, beweisen. Peter von Algesheim war Baumeister von St. Cyriakus in Neuhausen und wurde später „statt murer“ in Straßburg.

Ein Zeichen im Siegel des Peter von Algesheim, das an der Urkunde von 1473 anhängt, führt weiter: es besteht aus einem spitzen Winkel mit einem Kreuz. An einer anderen Stelle, dem Bockschen Grabmal aus den 1480er Jahren in der St. Katharinenkapelle des Münsters, kehrt das gleiche Zeichen als Steinmetzzeichen wieder. Leider ist das Siegel Bischofs am oberen Rand stark beschädigt, so daß nicht erwiesen werden kann, ob das quergestellte S über dem Wappen der Schrift als Kürzungszeichen für ,sigillum oder dem Wappenzeichen als Abkürzung für signum' (oder ähnlich) zuzurechnen ist. Ein S-ähnliches, verschnörkeltes Zeichen findet sich auch rechts vom Steinmetzzeichen des Bockschen Grabmals, der Buchstabe links ist nur zur Hälfte erhalten. Dehio gibt an, das Epitaph Bock wäre mit V.S. bezeichnet. Schneegans glaubte, das Steinmetzzeichen des Bockschen Grabmals wäre identisch mit dem des Veit Stoß. Eine Gegenüberstellung beider Steinmetzzeichen zeigt jedoch, daß Veit Stoß immer mit f s, manchmal auch spiegelverkehrtem s (ohne Schnörkel) signierte, nie v s.

Auch fügte er dem spitzen Winkel in seinem Steinmetzzeichen stets einen weiteren Strich, der durch den unteren Balken des Kreuzes läuft, hinzu. Abgesehen vom Steinmetzzeichen, wäre es auch sonst kaum denkbar, Stoß das Epitaph Bock in Straßburg zuzuschreiben, denn einmal war Veit etwa um die gleiche Zeit in Krakau tätig, zum anderen unterscheiden sich Stil und Komposition des Grabmals wesentlich von Werken des Veit Stoß. Im Mittelfeld des Bockschen Epitaphs ist ein Marientod dargestellt, der in der Komposition dem hergebrachten Schema entspricht. Diese Darstellung wird seitlich vom Pfosten mit Maßwerk und je einem Engel frankiert, nach oben von einem Halbbogen mit leicht beschädigtem Maßwerk-Dekor geschlossen. Seitlich knien die Stifterfiguren, nämlich Konrad Bock und seine Gattin Margret Begerin. Die Inschrift darunter lautet: „Anno domini MCCCLXXX obiit Conradus bok armiger orate pro eo.“ Im Jahre 1477 reiste Veit Stoß von Nürnberg nach Krakau und arbeitete dort an seinem ersten großen Werk, am Krakauer Altar, auf dessen Feiertagsseite der Marientod die für Stoß typische Bühnenwirkung aufweist. Maria ist nicht schlafend wie in Straßburg, sondern in der unteren Bildzone unter den Aposteln kniend dargestellt. Der Stil des Meisters des Bockschen Epitaphs ist, was die Haltung der Personen und die Faltenwirkung anbelangt, sehr bewegt und von Pinder „stürmisch“ genannt worden. Sowohl die gleichzeitige Anwesenheit des Veit Stoß in Krakau wie die starken stilistischen und kompositionellen Unterschiede fordern einen anderen Meister. Das Steinmetzzeichen am Grabmal läßt aber an Peter Bischof aus Algesheim denken. Die Übereinstimmung des Zeichens im Siegel des Peter Bischof mit dem Steinmetzzeichen am Bockschen Epitaph und die erhaltenen Reste des Buchstabens links vom Steinmetzzeichen, die Dehio als v las, die aber mit mehr Wahrscheinlichkeit als kleines b, dessen fehlender Schaft in den erhaltenen Schnörkel ausläuft, während das verschnörkelte rechte s für „signavit,“' stehen könnte, deuten klar auf den Algesheimer hin.

Das gleiche Steinmetzzeichen findet sich auch an einem hl. Grab in der Klosterkirche St. Peter und Paul zu Neuweiler bei Zabern, es ist mit der Jahreszahl 1478 versehen. In der unteren Zone kauern in drei Nischen drei Krieger, hinter dem in der 2. Zone vertikal ausgestreckten Leichnam Christi trauern die drei Frauen, seitlich von zwei Engeln gerahmt. Darüber steht in der 3. Zone eine Madonna mit Kind in einer Nische, deren Spitze bis zu dem oberen Abschluß, einer Fischblasengalerie, reicht. Von der Madonnennische her überspannt ein figürliches, handwerksmäßig sehr reiches und virtuoses Rahmenwerk die leeren Seitenflächen der 3. Zone. Das Werk wird wie der Mittelteil des Bockschen Grabmals in Straßburg von Pfosten mit Maßwerkdekor gerahmt. Die stilistischen Eigenheiten dieses hl. Grabes, z. B. die Kopfbedeckung und die Art der Gewandfaltung, zeigen ähnliche Merkmale wie das Epitaphium Bock. Mit hoher Wahrscheinlichkeit darf der Algesheimer auch als Meister dieses hl. Grabes angesehen werden.

Peter Bischof aus Algesheim wäre also als Bildhauer des Bockschen Grabmals in der St. Katharinenkapelle des Münsters noch in den 1480er Jahren in Straßburg tätig gewesen, als ein bedeutender Vertreter der sogenannten „dunklen“ Zeit, ein Künstler mit starker Ausdrucksfähigkeit, der als Baumeister und Bildhauer in der kunstgeschichtlichen Literatur festgehalten zu werden verdient.

 

Erstveröffentlichung:

Marga Dörr, Peter Bischof von Algesheim, ein Baumeister und Bildhauer des 15. Jahrhunderts, in: 600 Jahre Stadt Gau-Algesheim, 1955, 94-97

RPPDnd - Peter Bischof von Algesheim