Carl-Brilmayer-Gesellschaft e. V.

Das badische Algesheim 1461 - 1484

ALOIS ELBERT - Der Mainzer Kurfürst Erzbischof Dietrich Schenk von Erbach, der Erbauer der Burg Ardeck, starb am 6. Mai 1459 in Aschaffenburg und wurde in der dortigen Stiftskirche beigesetzt. Das Mainzer Domkapitel wählte am 18. Juni 1459 einen Nachfolger. Bei der entscheidenden Wahl erhielten Dieter von Isenburg vier Stimmen und Adolf von Nassau drei. Mit der Wahl eng verbunden war der Grenzstreit zwischen Mainz und der Pfalz; also mußte sich der neue Erzbischof verpflichten, die Mainzer Position streng zu vertreten, obwohl er dem pfälzischen Kurfürsten freundschaftlich gesinnt war.

Am 4. Juli 1460 erlitt in der Schlacht bei Pfeddersheim das Ritterheer der Mainzer gegen den Kurfürsten von der Pfalz eine Niederlage. Dies führte zu einem Wechsel der erzbischöflichen Politik, am 18. Juli 1460 zum Frieden zwischen Mainz und der Pfalz und einen Monat später sogar zu einem für 20 Jahre geltenden Bündnis. Erzbischof Dieter jedoch überwarf sich mit Kaiser und Papst, so daß es zu seiner Abberufung kam, unter Verhängung schwerer kirchlicher Strafen. Das Domkapitel war nun nicht gewillt, von dem Recht einer neuen Wahl Gebrauch zu machen. Deshalb hatte Papst Pius II. am 8. August 1461 Adolf von Nassau zum Erzbischof providiert; seine Einsetzung wurde vollzogen am 2. Oktober 1461. Dies führte zum Ausbruch der Mainzer Bischofsfehde; ein Waffengang war nicht mehr auszuschließen. Auf der Seite des abgesetzten Erzbischofs standen Kurfürst Friedrich von der Pfalz, Landgraf Heinrich III. von Oberhessen, Graf Philipp von Katzenelnbogen. Die Verbündeten des neuen Erzbischofs waren Markgraf Karl von Baden, Bischof Johann von Speyer, Bischof Georg von Metz, Landgraf Ludwig II. von Niederhessen, Graf Ludwig von Veldenz-Saarbrücken.

Ein Krieg kostet Geld, das bekamen die Algesheimer bald zu spüren, denn mit den 1355 verbrieften Freiheiten war es vorerst einmal vorbei. Bereits am 30. September 1461 und nochmals am 21. Januar 1462 verpfändete der neue Mainzer Erzbischof dem Markgrafen von Baden die Burg und das Amt Algesheim mit allem Zubehör zum Ersatz für die Kosten und Schäden, die er bei der Hilfe wider Erzbischof Diether erleiden würde.

Der Sponheimer Abt Johannes Zeller (1462-1516), nach seinem Geburtsort Trittenheim an der Mosel Trithemius genannt, berichtet in seinen Tagebuchaufzeichnungen unter anderem von einer Schlacht bei Seckenheim, in der die Pfälzer die Verbündeten Adolfs besiegten. Der badische Markgraf mußte den Weg in die Gefangenschaft nach Heidelberg antreten.

Trotz dieser Niederlage zog nun Adolf gegen Mainz, das er in der Nacht zum 28. Oktober 1462 einnahm. Dies war nur durch den Verrat von zwei Mainzer Torwächter möglich, die die Soldaten durch das Gautor in die Stadt ließen. Die Brandschatzung und Zerstörung von Mainz wird auch von Trithemius ausführlich beschrieben. Allein der Graf Ludwig von Veldenz-Saarbrücken soll 21 Frachtwagen Beute weggeschleppt haben, die er wahrscheinlich vorerst in seinem Besitz bei den Langwerths auf dem Laurenziberg sicher stellte.

Auch in unserem Raum blieben kleine Scharmützel zwischen dem kurpfälzischen Ingelheim und dem maintzischen, an Baden verpfändeten Algesheim nicht aus. Bei Brilmayer ist zu lesen: „So kamen 1463 an Maria Lichtmeß, dem 2. Februar, etliche aus dem Volk, das zu Ingelheim im Saale lag, vor Algesheim; dieses gewahr werdend, begaben sich ihrer 50 Soldaten aus Algesheim heraus, streiften ihnen nach. Die von Ingelheim stellten sich zur Wehr, erstachen der Algesheimer zehn Mann und nahmen 24 gefangen, bekamen 17 Armbrust und drei Handbüchsen. Die 24 Personen mußten geben 300 Gulden, daß sie ledig wurden.“

Am 5. Oktober 1463 schlossen die Bischöfe zu Zeilsheim Frieden; Diether verzichtete auf den erzbischöflichen Stuhl zu Gunsten des Adolf von Nassau. Noch aber war Algesheim an den Markgrafen von Baden verpfändet, der im Kerker des Heidelberger Schlosses saß. Für seine Freilassung wurden 100.000 Gulden gefordert. Am 30. September 1466 bekundete Karl von Baden, daß ihm Erzbischof Adolf Burg und Stadt Algesheim und die Dörfer Dromersheim, Gaubickelheim, Kempten, Ockenheim und Windesheim und mit Leuten, Gütern, Zinsen, Gülten und allen Nutzungen, Herrschaftsrechten und Gerechtigkeiten für 20.000 Gulden verpfändet habe. Der Markgraf gab dieses Pfandrecht an den Grafen Philipp von Katzenelnbogen als einen Teil der Ablösesumme für seine Freilassung.

Der alte Graf jedoch hatte keinen männlichen Erben, dafür aber eine hübsche Enkelin, die er unbedingt mit dem Sohn des pfälzischen Kurfürsten verheiraten wollte. Als diese Hochzeit nicht zustande kam, wandte sich der alte Haudegen an seinen ehemaligen Waffengegner, den badischen Markgrafen, dessen Sohn und Erbe noch ledig war. Er bot eine ansehnliche Mitgift im Falle einer Hochzeit, zu dieser Mitgift gehörte auch das Amt Algesheim. Am 20. Juni 1468 wurde ein Ehevertrag geschlossen: Markgraf Karl von Baden und Graf Philipp von Katzenelnbogen treffen eine Eheabrede zwischen Karls Sohn Christoph und Ottilie, der Tochter des verstorbenen Grafen Philipp, Sohn des Vorgenannten von Katzenelnbogen. Sie geloben, Christoph und Ottilie miteinander zu verheiraten, was diese gleichfalls einander versprachen. Das Beilager soll bis zur kommender Fastnacht erfolgt sein. Graf Philipp wird seiner Enkelin Ottilie das Schloß Stadecken mit allem überlassen und dazu das Pfandrecht vom Amt Algesheim. Gleichzeitig wurde vereinbart, daß Stadecken und Algesheim der jungen badischen Markgräfin, nach dem Tod ihres Gatten, als Witwensitz ein Leben lang zusteht. Ferner wurde in der Eheabrede gefordert, daß die Amtleute und Keller von Stadecken und Algesheim sowie die Zollschreiber von Ehrenfels den Verlobten nach Vollzug des Beischlafes huldigen müssen. Christoph soll seiner Frau Ottilie eine Morgengabe übereignen, die einem Markgrafen und Fürsten des Reiches angemessen ist.

Noch besaß der alte Graf alle Rechte über Algesheim, und war somit nicht nur für die Hochzeit, sondern auch für 46 Ochsen zuständig. Am 22. November 1468 schrieb ihm der Bürgermeister der Stadt Frankfurt einen Brief; darin wird der Graf belangt für den Schaden, den Frankfurter Bürger in seinem Algesheimer Zollgebiet erlitten haben. Wörtlich schrieb der Bürgermeister: „Als die Viehtreiber jedoch in sein Gebiet gekommen seien, habe man ihnen 46 Ochsen abgenommen und auf den Rheingrafenstein getrieben, zwei davon wurden gleich abgestochen und die übrigen sollten nach einem Lösegeld von 117 Gulden freigegeben werden.“ Der Graf antwortete, sein Zöllner Hans Nitharten habe die Ochsen gezählt, aber noch kein Begleitgeld erhalten. Die Kaufleute sollen sich daher, wie auch von dem Algesheimer Amtmann empfohlen, an den Rheingrafenstein wenden.

Erzbischof Adolf teilte am 18. Februar 1469 dem Domkapitel mit, daß der Graf von Katzenelnbogen die Stadt Algesheim in die Hände des badischen Markgrafen gestellt habe, dessen Amtmann nach dem Tod des Algesheimer Schultheißen einen anderen an dessen Stelle setzen wolle, womit die Bürger und auch die Rheingauer nicht einverstanden seien.

Am 8. April 1469 erschienen viele Rheingauer und Bürger von Algesheim mit dem Rheingauer Vicedom Johann von Greiffenclau vor dem Mainzer Domkapitel. Der Vicedom berichtete, die Algesheimer Bürger machten ihrem Rat den Vorwurf, er habe sie verraten und verkauft, auch gegen den Erzbischof und das Domkapitel seien die Bürger aufgebracht. Ebenso sei auch der Rheingau wegen der Algesheimer Verhältnisse erbost, denn Algesheim dürfe nicht vom Vaterland Rheingau getrennt werden. Das Domkapitel antwortet, wenn die Rheingauer die Pfandsumme aufbringen wollten, könne die Verpfändung aufgehoben werden.

Am 27. März 1471 erklärten die Gesandten des Markgrafen in Mainz: „Die Verluste, die Baden für die Mainzer Kirche erlitten habe, betragen 200.000 rheinische Gulden. Der Markgraf wolle aus Liebe zum Erzstift nur ein Viertel davon fordern, wofür er ja als Sicherheit die Stadt Algesheim besitze. Da er in Geldschwierigkeiten sei würde er diese Summe auf 32.000 Gulden ermäßigen. Übrigens vermeldeten die Gesandten, „seien die Gebäude im Schloß Ardeck ruinös, sie können jetzt noch mit geringen Mittel, nach ihrem völligen Ruin aber nur mit großen Kosten wiederhergestellt werden.“ Das Domkapitel war aber nicht in der Lage, die badischen Forderungen zu erfüllen.

Am 22. Oktober 1471 war jedoch das Kapitel in großer Sorge, der Markgraf wolle Algesheim dem Kurfürsten von der Pfalz übergeben, was dem Erzstift untragbar erschien. Am besten wäre es, Algesheim Diether von Isenburg zuzustellen, doch dieser lehnte ab. Die Rheingauer erklärten am 6. Juli 1472, ein offener Krieg wäre besser, als Algesheim dem Pfälzer zu überlassen. Diese Gefahr wurde gebannt. Erzbischof Adolf starb am 6. September 1475 in der Burg Eltville, er fand im Kloster Eberbach seine Ruhestätte. Sein Nachfolger wurde Diether von Isenburg. Algesheim war aber immer noch badisch, zur Einlösung fehlte eben das Geld. Die Rettung brachte der Herzog Albrecht von Sachsen. Das Domkapitel genehmigte die Einlösung von Algesheim und Amöneburg durch den Herzog am 7. Februar 1480. Das Amt Algesheim mit den fünf Dörfern wurde am 10. Juli für 20.000 Gulden eingelöst. Diether von Isenburg übergab das Pfandrecht dem Sohn des Sachsenherzoges zum lebenslänglichen Genusse. Adalbert von Sachsen wurde Nachfolger des Erzbischofs Diether, konnte aber wegen seiner Jugend noch nicht die Bischofsweihe erhalten. Er wurde nur zum Administrator ernannt, nach zwei Jahren verstarb er 1484. So verblieb nun das Amt Algesheim ohne eine weitere Einlösung beim Erzstift Mainz, bis Napoleon 1802 Kur-Mainz auflöste.

aus: Gau-Algesheim. Histrisches Lesebuch, 1999, S. 34-36