Carl-Brilmayer-Gesellschaft e. V.

Lexikalische Hinweise zu "Algesheim" und "Gau-Algesheim" 1805 - 1964

Dictionnaire géographique et topographique des treize departments, rédigé par Charles Oudiette, Imprimerie Cramer, Paris 1805, S. 7.

ALGESHEIM, village, départem. du Mont-Tonnerre, arrondissem. de Mayence, justice de paix d’Oberingelheim, ci-dev. Électorat de Mayence. Popul. 11 à 1200 habitans avec ses dépendances.

Département Mont-Tonnerre

Die römischen und deutschen Alterhümer am Rhein. Von Phil. August Pauli, Erste Abtheilung, Rheinhessen, gedruckt in der Neuling’schen Buchdruckerei durch Wilhelm Seifert, Mainz 1820, S. 135

Kanton Oberingelheim. Algesheim

Dicke Mauern und Thürme gaben ihm, vor wenigen Jahren noch, ein Ansehen, das aus fernen Jahrhunderten herüber blickt, und an Zeiten erinnert, wo der Bürgerstand, mit Wehr und Waffen stets gerüstet, Herd und Freiheit mannhaft und ehrenfest zu schirmen, ist gewohnt gewesen. In Urkunden von 780, wird seiner als Alagstesheim, im Wormsgau, erwähnt. Die Kirche, so zum verschwundenen, uralten Nonnenkloster ad sanctam Claram hat gehört, kann urständlich aus dem dreizehnten Sekulum hervor gehen.- Das Schloß erbaute Kurfürst Dietrich von Mainz, 1450.

Statistisches Jahrbuch der Provinz Rheinhessen für das Jahr 1824. Herausgegeben von Joseph Jérôme, Großherzoglicher Regierungs-Sekretär in Mainz, Großherzogl. Hofbuchdruckerei Theod. v. Zabern am Bischofsplatze, Mainz 1825.

Gau-Algesheim ist eine der stärksten Weingemeinden und gehört dieser zu den Guten. Unter den vielen Bürgern von Algesheim, die bei Frankreich gedient haben, hat sich einer der rühmlichst bekannt ist, besonders ausgezeichnet, und den Grad eines Generals erhalten.

Kirchweihe: Sonntag nach Mariä Himmelfahrt.

Seelenzahl: 1754 Katholiken, 38 Evangelische, 36 Juden, zusammen: 1828.

277 Wohnhäuser, eine Kirche, ein Rathaus.

1700 Morgen Ackerfeld, 180 Morgen Wiesen, 780 Morgen Weinberg, 100 Morgen Wald (Scheitholz), Gesammt Morgenzahl: 2800

Entfernung von Mainz 4 Stunden, Kantonsort Oberingelheim eine Stunde.

Bürgermeisterei im Kanton Oberingelheim.

Bürgermeister Ewen, Beigeordneter Kaiser.

Katholischer Kantons-Pfarrer Göbel im Kanton Oberingelheim, auch Dechant der Dechanei Bingen.

Steuer-Einnehmer Jonas für die Perceptur Algesheim.

Hospizanstalt: Gaualgesheim hat einen kleinen, zur Unterstützung der Orts-Armen und Beförderung des Unterrichts bestimmten Fonds, von etwa 17 bis 18000 Gulden. Das diesem Fonds zuständige Haus hat keine Einrichtung zur inneren Verpflegung von Dürftigen; die Unterstützungen sind daher à domicile, d.h. sie werden den Armen des Ortes verabreicht. Er hat einen besoldeten Rechner, und keine Waisen zu unterhalten.

Departementalstraße: Von Niederingelheim nach Metz, über Algesheim, Gensingen, Kreuznach, Meisenheim u.s.w.

Vicinalwege: Der Appenheimer, Ober- und Niederingelheimer, Weinheimer, Gaulsheimer, Ockenheimer.

Statistisches Jahrbuch der Provinz Rheinhessen für das Jahr 1825. Herausgegeben von Joseph Jérôme, Großherzoglichen Regierungs-Sekretär in Mainz. Verlag in der Großherzogl. Hofdruckerei Theod. v. Zabern am Bischofsplatz in Mainz, S. 290

Gaualgesheim (ehemals der Chur Mainz) nebst dem Lorenzibergerhofe, hat 1828 Seelen, darunter 352 Knaben, 373 Mädchen, 488 Männer, 509 Weiber, 20 Handwerksleute, 25 männliche Dienstboten und 61 weibliche. Es hat 277 Wohnhäuser, 1 Gemeindehaus, 1 Kirche, 4 Mühlen und das Kantonsgefängnis, Die Gemarkung enthält 2800 Morgene Feld, nämlich: 100 Morgen Scheidholz, 780 Morgen Weinberg, 180 Morgen Wiesen und 1740 Morgen Ackerfeld. Seine Entfernung von Mainz ist 4 Stunden, und vom Kantonsorte (Oberingelheim) 1 Stunde.

Beschreibung oder Statistik und Topographie des Großherzogthums Hessen. Nach Originalquellen und eigener Ansicht bearbeitet von J. A. Demian, Zweite Abtheilung, Topographie, bei Aug. LeRour, Hofbuchhändler, Mainz 1825, S. 232

Gau-Algesheim, Städtchen 4 Stunden von Mainz und 1 Stunde von Oberingelheim, an der Landstraße nach Kreuznach gelegen. Es gehörte zum Kurfürstenthum Mainz und hat 277 Häuser, ein von Kurfürst Dietrich erbautes Schloss und 1828 Einwohner, welche sich außer 36 Protestanten und 38 Juden, zur katholischen Religion bekennen. Die hiesige alte Kirche ist sehenswerth. Die Hauptnahrung geben Acker- und Weinbau, indem der Ort 1740 Morgen Aecker und 780 Morgen Weingärten besitzt. Der hiesige Wein gehört zu den bessern in der Provinz Rheinhessen.

 

Das Weltall. Ein geographisch.statistisch-naturhistorisches Handwörterbuch mit Berücksichtigung des Wissenswürdigen aus der Weltgeschichte. Aus authentischen und den neuesten Quellen geschöpft und in alphabetischer Ordnung zusammengestellt. Dritter Band (Alc bis Alz). Verlag von Heller und Rohm, Frankfurt am Main, 1828, S. 111.

ALGESHEIM, Gau Algesheim, auch Alsheim genannt, Stadt in dem Kr. Alzei der großherzogl. hessischen Rheinprovinz, mit einem Schlosse, 123 Häusern und 1500 Einw., die guten Wein- und Getreidebau haben.

 Wagner, Georg Wilhelm Justin, Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen, Zweiter Band, Provinz Rheinhessen, Verlag von Karl Wilhelm Leske, Darmstadt, 1830, S. 32.

Gaualgesheim (Cant. Oberingelheim) Stadt; auch Algesheim; liegt 1 St. Von Oberingelheim, hat 286 Häuser und 1862 Einw., die bis auf 37 Evangel. Und 39 Juden katholisch sind. Man findet 1 kath. Pfarrkirche, die sehenswerth ist, 2 Schulhäuser, 1 Schloß, das vom Churfürsten Dietrich 1450 erbaut wurde, 1 Synagoge, 1 Rathhaus, 4 Mühlen, sowie mancherlei Vestungstrümmer. Jährlich werden 2 Krämermärkte gehalten. Der Weinbau ist stark, und der Wein gehört zu den bessern der Provinz. – Gaualgesheim, das 780 unter dem Namen Alagstesheim vorkommt, war ein altes Eigenthum der Mainzer Kirche. Schon 1108 besaß der Erzbischof Ruthard von Mainz Güterstücke hier. Als Hauptort eines Amtes gehörte Algesheim bis auf die neuesten Zeiten zum Churfürstenthum Mainz.

 

Schaab, Karl Anton, Beiträge zur Beschreibung des Großherzogtums Hessen nach seinen einzelnen Bestandtheilen, in: Archiv für hessische Geschichte und Alterthumskunde, Hrsg., J. W. Chr. Steiner, Verlag Carl Wilhelm Leske, Darmstadt, 1835, Erster Band, S. 177 – 212; Stadt Gau-Algesheim, S. 180-183.

Die zum Amte Algesheim gehörigen Orte waren: 1. Algesheim

Eine kleine Stadt am Abhange eines Bergs nach der Rheinseite, in einer sandigen Ebene, vier Stunden von Mainz, eine von Ingelheim, zwei von Bingen, vier von Kreuznach und eine vom Rhein gelegen. In der lorscher Urkunden-Sammlung kommt es unter dem Namen Alagastesheim mehrmal vor, jedoch mit dem Unterschied, daß es theils zum Wormsgau, theils zum Nahegau gezählt wird. Im Jahre 1032 war dieser Ort in Nahgau in der Grafschaft des Grafen Emicho gelegen. Im Jahre 1109 schenkte der Rheingraf Ruholf dem Kloster Johannisberg tres mansos in Algensheim, und in dieser Urkunde wird es Algensheim im Gau genannt, daher diese Gegend bis jetzt oft der Gau und das Städtchen selbst Gaualgesheim genannt wird, zum Unterschied des Dorfes Waldalgesheim, das zwischen Bingen und Stromberg liegt. Diese Urkunden beweisen auch, daß damals Algesheim noch nicht in den politischen Verband des Rheingaues gehörte und Bodmann hält es für gewiß, daß die bald darauf erloschene Gauverfassung der Grund war, die gerade dem Rheingau gegenüber gelegenen erzstiftischen Besitzungen demselben beizugeben. Diese Urkunden beweisen das hohe Alter des Städtchens Algesheim und daß es schon zu Zeiten des Königs Pipin bestanden habe. Die alte Burg zu Algesheim hieß Ardeck und wurde von den Kur-fürsten Konrad III. und Dietherich vom Jahre 1422 bis 1444 erbauet. Diese Kurfürsten und einige ihrer Nachfolger haben dieselbe öfters bewohnt. In den neuesten Zeiten war sie die Wohnung des Amtskellers und diente zum Theil zum Amthause. Im Jahre 1803 wurde sie niedergerissen und die Steine zum Straßenbau zwischen Ingelheim und Gaulsheim verwendet.

Algesheim war ehemals der Sitz mehrerer adelicher Geschlechter und hatte nach dem Muster des Rheingaues seine eigene Haingeraide, welche sich in mehrere Aeste theilte. Diese Verfassung erlosch zum Theil schon mit dem Angang jener Geschlechter, und hörte durch die Reformation des Kurfürsten Albrechts und nachher erfolgten Regierungsbeschlüsse ganz auf.

In dem bekannten Kurstreit zwischen dem Kurfürsten Diether von Isenburg und Adolf von Nassau ergab sich auch Algesheim im Jahre 1461 an Adolf, der es hierauf im Jahre 1462 sammt Ockenheim, Dromersheim, Gauböckel-heim, Kempten und anderen Orten an den Markgrafen Karl von Baden versetzte, als Ersatz der Kosten und Schaden, die er bei der Hülfe gegen Diether leiden würde. Diese Pfandschaft übertrug gedachter Markfraf im Jahre 1466 um fünfzigtausen Gulden an den Grafen Philipp von Katzenelnbogen. Dieser aber gab dieselbe im Jahre 1468 seiner mit Christoph von Baden verlobten Tochter Ottilia zur Heirathgabe mit. Endlich löste Kurfürst Diether Algesheim samt Amöneburg im Jahre 1480 wieder ein, und gab sie dem zu seinem Nachfolger bestimmten Herzog Albrecht von Meisen zum lebenslänglichen Genusse, wozu Albrechts Vater, der Kurfürst Ernst von Sachsen, zwanzigtausend Gulden dargeschossen hat, mit dem Bedinge, dieses Geld nie wieder zurückzufordern, wenn gedachter Albrecht einst zum wirklichen Besitze des Erzstifts gelangen sollte. Da nun diese Bedingniß nachmals erfüllt wurde, so blieb auch Algesheim ohne weitere Auslösung bei dem Erzstift.

Zu Anfang des Monats Juni 1690 griffen die Franzosen das Städtchen Algesheim an, trieben die darin gelegene schwache Besatzung nebst den Bürgern in die Burg, verbrannten sämmtliche Gebäude außer der Pfarrkirche und zogend eilends wieder hinweg, weil sie das Schloß nicht so bald überwältigen konnten und einen Ersatz aus Mainz befürchteten. Auch die St. Johanniskirche verbrannte damals und ist nicht wieder aufgebauet worden. Algesheim hat an 300 Häuser und über 1200 Menschen, die sich zum Theil von Handwerken, größtentheils aber vom Feldbau ernähren. Es gab eine Kirche und in der Gemarkung drei Mahlmühlen an einem kleinen Bach Welzendreck genannt, der bei Oberhilbersheim entspringt, dann durch Niederhilbersheim, Appenheim und Algesheim fließt und sich unterab Algesheim im Sand verliert, so daß man zuletzt keine Spuren mehr davon antrifft.

Vor Zeiten wurde zu Algesheim ein beträchtlicher Weinmarkt gehalten, den der Erzbischof Heinrich III. im Jahre 1343 dem Peter Gruele von Bingen, seinem Burgmann zu Klopp und Schultheiß zu Algesheim um 13 Mark Pfenninge jährlich verliehen hat. Im Jahre 1698 legte der Kurfürst Lothar Franz zwei Jahrmärkte allda an, allein sie konnten nicht gedeihen, indem nur eine und zwar nicht sehr gangbare Landstraße, nämlich von Mainz nach Kreuznach dadurch ziehet, und nur wenig Handel in Algesheim getrieben wird.

 

Dictionnaire universel de géographie, d'histoire naturelle et de biographie, par V. Tapié/J.-G. Heck, ed. J. Mallet et Compagnie, Paris, 1842, S. 125.

ALGESHEIM, Gau-Algesheim, ville de Hesse-Darmstadt, dans la prov. Du Rhin, située à 15 k. O.-S. der Mayence, Pop.: 1,800 hab. On y récolte de très-bon vin.

 

H(einrich). M(ülle)r Malten, Neueste Weltkunde, Vierter Band, Verlag Heinrich Ludwig Brönner, Frankfurt a. M., 1844, S. 302

Gaualgesheim. Dies 4 ¼ Stunden westlich von Mainz und 2 ¼ Stunden östlich von Bingen gelegne Städtchen, früher Alagastesheim genannt, hat eine Bevölkerung von 2,200 Seelen. Die Nähe von Ober-Ingelheim, in dessen Grund der Weinbau schon im 8. Jahrhundert begonnen ward, scheint auf das nur ¾ Stunden davon entfernte Gaualgesheim einen besonderen Einfluß ausgeübt und seine nächste Umgebung mit Reben bedeckt zu haben. Die besten Weinlagen des letzten befinden sich an dem sogenannten Wasserhäuserberg. Dieser hat eine theils westliche, theils südwestliche Exposition. Sämmtliche hierher gehörige Weinberge belaufen sich auf nahe an 1000 Morgen, welche in guten Jahren über 2000 Stück Wein liefern, dessen Preis auf 300 bis 500 fl. Für das Stück zu stehen kommt. Die Hauptlagen am Wasserhäuserberg sind: der Goldberg, die Bergstraße und der Gehauweg. Bürgermeister Ewen, Kappes, Notar Gaßner in Mainz, und Mayer gehören zu den bedeutendsten hiesigen Weinguts-Besitzern. Set einigen Jahren wurde in der Gegen von Gaualgesheim sehr viel zur Veredlung des Weins dadurch beigetragen, daß man die Kleinberger- und Fleischtrauben verdrängte und dafür edlere Traubensorten allgemein ein-führte, überhaupt mehr auf die Qualität als auf die Quantität der Weine sah.

Schaab, K. A., Geschichte der Stadt Mainz, Dritter Band, Enthaltend: Die Geschichte der Großherzoglich Hessischen Rheinprovinz, Erste Abteilung, Mainz 1847, S. 443 – 453, (hier: Text ohne Fußnoten).

 Gaualgesheim, gewöhnlich Algesheim genannt, eine Sunde vom Kantonshauptort Obereingelheim gegen Westen gelegen. Es war nach Mainz die einzige Stadt des linken Rheinufers, welche dem Erzstift angehörte und immer noch eine Stadt heißt, wenn sie jetzt auch nur ein Marktflecken ist. Sie kömmt schon in den lorscher Urkunden unter den Königen Pipin und Karl dem Großen mit dem Namen Alagestheim vor, jedoch mit dem Unterschied, daß sie theils zum Wormsgau, theils zum Nahegau gezählt wird. Im Jahre 1032 wr der ort im Nahegau in der Grafschaft des Gaugrafen Emicho gelegen. Im Jahre 1109 schenkte der Rheingraf Richolf dem Kloster Johannisberg drei Mansen in Algensheim im Gau genannt, und im Jahre 1134 Erzbischof Adalbert I. dem nemlichen Kloster noch drei Mansen allda im Nahegau in der Grafschaft des Gaugrafen Emicho. Dadurch erklärt sich der Name Gaualgesheim und unterscheidet ihn von Waldalgesheim, einem zwischen Bingen und Stromberg gelegenen Ort. Diese Schenkungsurkunden beweisen auch, daß damals Algesheim noch nicht in dem politischen Verbande mit dem auf dem anderen Ufer des Rheins gelegenen Rheingau gewesen und die bald darauf erloschene Gauverfassung die Ursache wurde, daß Algesheim als eine erzstiftische mainzische Besitzung dem Rheingau, diesem Erzstift angehörig, zugetheilt worden.

Wie Algesheim im Jahre 983 an das mainzer Erzstift gekommen, wurde oben schon erwähnt. Im Jahre 1232 erhielt das Erzstift noch viele Güter und Gefälle allda, welche das dem Erzstift einverleibte Kloster Lorsch daselbst besessen hatte. Im Mittelalter wurde Algesheim durch einen Schultheißen und einen Schreiben verwaltet. Der Schultheiß war immer ein Edelmann und die Verleihung geschah durch den Erzbischof. Mit dem Amt waren mehrere Nutzungen verbunden. Im Jahre 1339 war es Johann von Lorch durch eine Verlehung des Erzbischofs Heinrich III. von Mainz. In der Verleihungsurkunde vom 29. Juni 1339 sagt der Erzbischof: „Des han wir demselben Johann unser Scholtheizinamt zu Alginsheim befohlen – und soll derselbe unsern Hof zu Alginsheim mit allen unsern Aeckern und Wiesen, die dazu gehorend, halten und buwen und uns von jglichen Acker daz halbe Theil oder das dritte Theil geben, als sich gehoret und bisher gewonlich ist gewesen, aller der Früchte und Nuzen, die davon erscheine und vallende sint, gepachtlich sal er unser Baghus und Muhlen daselbst haben mit allem Nuzen, der darab fällt und soll uns davor geben alle Jahre funfzig Malter korns Binger mazes – Auch soll derselbe Johann unser Winmarkt alda habin und uns davon geben alle Jar drizen Mark Pfenige, sechs und drißig schillinge haller.“ Vorher war dieser Johann dem Erzbischof 672 Pfund Heller schuldig geworden, daher hieß es weiter in der urkunde, „und sollte ihm und seinen Erben dieses Schultheisenamt und dieser Pacht des Bckhauses, der Mühle und des Weinmarkts verbleiben, bis jene 672 Pfund ganz zurückbezahlt seien.“ Dieses muß auch bald darauf erfolgt sein, denn schon am Montag nach Martini (11. Novbr.) 1343 verlieh oder versetzte der nemliche Erzbischof Heinrich III. mit Bewilligung des Domkapitals dieses Schultheisenamt einem anderen Edelmann, dem Peter Gruel von Bingen, einem der Burgmänner des Schlosses Klopp, mit den nemlichen Nutzungen und Bedingungen, den Aeckern, Wiesen, dem Backhause, der Mühle und dem Weinmarkt, wie alles dieses dem Ritter Johann von Lorch war verliehen gewesen. Auch jetzt zahlte wieder nach drei Jahren ein anderer Edler Heinrich von Spor zu Rüdesheim die Summe von 672 Pfund Heller, und derselbe Erzbischof übertrug oder versetzte ihm mit Bewilligung des Domkapitels das Schultheisenamt mit den nemlichen Nutzungen und Bedingungen durch eine Urkunde vom 16. Oktober 1346. Vier Jahre nachher ließ dieser Heinrich von der Sporauch seinen Schwager Symon von Cube an diesem Versatz des Schultheisenamtes Theil nehmen und wegen dessen Bedingungen sich darüber am 1. Dezember 1351 von dem Stiftsvormund Kuno von Falkenstein mit Vorwissen seines Erzbischofs Heinrich eine besondere Urkunde ausstellen. In allen diesen Urkunden wurde dem Schultheißen ausdrücklich aufgegeben: „Keinen Unterthan im Amte zu beschweren mit Schatzung oder ungewöhnlichen Dinsten, dann als sie bizher komen sind, sondern er soll sie schützen, schirmen und getreulich vierantworten und glicherrechtes helfen, den Armen als den Richen, ußgescheiden aller Archlist und Geverden in allen diesen Stücken.“ Noch im Jahre 1397 kommt in dieser Urkunde des mainzer St. Johannistifts ein Ritter Jost von Schonenberg als Amtmann zu Algesheim vor. Im Jahre 1502 müssen die erzbischöflichen Güter und Gefälle durch einen Keller verwal-tet worden sein, denn am 28. Mai d. J. schrieb der Erzbischof Berthold an das Kapitel des mainzer Albanstiftes, dem Vikar Niklas Kraus zu St. Alban, seinem Keller in Algesheim, zu erlauben, daß er ohne Verlust seiner stiftischen Einkünfte die Kellerei noch ein Jahr versehen dürfe, weil er noch zur Zeit seines Dienstes nicht entbehren könne.

In den Jahren von 1422 bis 1444 ließen die mainzer Erzbischöfe eine Burg zu Algesheim erbauen und wohnten oft daselbst. Sie erhielt den Namen Ardek. Später diente sie zum Amtshaus und wurde die Wohnung des kurf. Amtskellers. Die übrigen unbewohnten Theile derselben bestanden in alten Mauern, die im Jahre 1803 niedergerissen und zum Chaus-seebau zwischen Ingelheim und Gaulsheim verwendet wurden. Im 14ten Jahrhundert war Algeshem von mehreren Edelleuten und darunter eine Familie, die sich vom Ort nannte, be-wohnt. Ein Peter Winzing von Algesheim, ein Erenbrecht Hawestedter von Algesheim, ein Heinrich Schelzel und ein Heinrich Büchlnheim von Algesheim verschrieben sich am Sams-tag nach dem 26. April 1354 dem mainzer Domkapitel, seine Helfer und Diener zu sein und ihm gegen seine Feinde mit vier Glefen zur Hilfe zu ziehen. 

In dem bekannten Kurstreit zwischen den beiden Erzbischöfen Adolf von Nassau und Diether von Isenburg ergab sich auch Algesheim im Jahre 1461 an Adolf, der es hierauf im Jahre 1462 mit den Orten Dromersheim , Ockenheim, Kempten und anderen an den Markgrafen Karl von Baden verpfändete, zum Ersatz für alle Kosten und Schäden, die er bei der Hilfe wider Diether erleiden würde. Diese Pfandschaft übertrug der Markgraf im Jahre 1466 um fünfzigtausend Gulden an den Grafen Philipp von Katzenelnbogen. Dieser aber gab dieselbe, wie oben schon erwähnt, im Jahre 1468 seiner mit Christoph von Baden verlobten Tochter Ottilie als Heirathsgabe. Endlich löste Erzbischof Diether Algesheim im Jahre 1480 wieder ein und gab es sammt Amöneburg dem zu seinem Nachfolger bestimmten Herzog Albrecht von Meisen zum lebenslänglichen Genusse, wozu Albrecht’s Vater, der Kurfürst Ernst von Sachsen zwanzigtausend Gulden hergeschossen, unter der Bedingung, dieses Geld nie zurück zu fordern, wenn Albrecht einst zum wirklichen Besitz des Erzstifts gelangen sollte. Da diese Bedingung nachmals erfüllt worden, so verblieb auch Algesheim ohne weitere Ein-lösung bei dem Erzstift.

Algesheim blieb nach wie vor in dem Verbande mit dem Rheingau. In der Urkunde, wodurch der Erzbischof Jakob von Mainz die Freiheiten des Rheingaues bestätigt, heißt es: „Auch sollen die von Bingen und Algesheim zu dem genannten unserm Lande dem Rheingauw in allermaaß gehören, als das von Alter Herkommen ist.“ Und noch am 31. Dezember 1560 schlossen der Schultheiß, Schöffen und Rath zu Algesheim und die Schultheißen und Räthe des Ober-, Mittel- und Unterwärts im Rheingau einen Vergleich wegen des alten Herkom-mens, daß die Algesheimer bei zugefrorenem Rhein in den rheingauer Waldungen sich beholzigen können, und wird dieses Recht in so weit zugestanden, daß sie im Hinterwald an Orten, wo es den Rheingauern selbst nicht verboten sei, Holz suchen und über den Rhein bringen können. Dennoch war diese Verbindung mit dem Rheingau nicht so stark, wie jene, welche die Aemter im Rheingau unter sich und mit dem Vicedomamt allda hatten, indem Algesheim nicht nach den rheingauer Landesgesetzen und Gewohnheiten geurtheilt wurde, sondern nur zur gemeinschaftlichen Beschützung des Landes mitwirkte und in dieser Hinsicht unter dem Befehl des Amtmanns im Rheingau standen, wodurch sie in Betreff der Bede, Steuern, Reise etc. den Unterthanen des Landes Rheingau gleich gehalten wurden. Daher auch der Titel Vicedom im Rheingau und Amtmann zu Algesheim, dessen sich Gernand von Schwalbach im Jahre 1460, Wiegand von Dienheim im Jahre 1480 und Andere bedienten. In der verordnung, welche der Kurfürst Albrecht II. im Jahre 1527 dem Rheingau gab, heißt es § 41: „Nachdem Algesheim unser Stadt zu unserm Land Rheingau gewest, und in allen Sachen, als die Unterthanen des Rheingaus gehalten worden sind, so haben wir jetzt bemelte unser Stadt Algesheim von unserm Land Rheingau aus beweglichen tapfern und redlichen Ursachen gesöndert und abgeschieden und thun das hiemit wissentlich mit und in Kraft dieser verordnung, also daß die Unterthanen zu Algesheim in allen Sachen, es sei mit Bede, Steuer, Reisen und andern dergleichen von unserm Land dem Rheingau abgesondert und vor sich selbst sein und bleiben sollen, wir wir ihnen dann deshalb ein besondre Ordnung aufrichten lassen und geben wollen.“

Algesheim hatte sein Partikular- oder Gemeinde-Haingericht, welches aus einer Delegation des dortigen Adels, der Geistlichkeit und der Bürgerschaft bestand, welcher der Erzbischof Johann II. einen erzbischöflichen Delegirten beigab. Auch befand sich ein Hochgericht allda. Was es aber für eine Bewandnis mit einem Hof gehabt, den man „Dingplicktig“ genannt und zu dem verschiedene Güter gehörten, über die zwischen dem Deutschordenshaus zu Kastel und einem mainzer Bürger Witego von dem geistlichen Gericht Gericht zu Mainz ein Rechtsstreit am 2. Oktober 1208 entschieden worden, ist schwer zu erklären.

Vor Zeiten war zu Algesheim ein beträchtlicher Weinmarkt, der den Erzbischöfen von Mainz verschiedene Gefälle abwarf, welche, wie wir gehört haben, diese an mehrere Edelleute verliehen und versetzt haben. Im Jahre 1698 legte auch der Kurfürst Franz Lothar zwei Jahrmärkte allda an, welche aber nicht gediehen, weil die durch Algesheim nach Kreuznach führende Landstraße wegen der ingelheimer Chaussee wenig befahren und nur ein geringer Handel in Algesheim getrieben wurde. 

Zu Anfang des Monats Juni 1690 griffen die Franzosen Algesheim an, trieben die darin gelegene schwache Besatzung und die Bürger in die Burg, legten aller Orten Feuer an und zogen sich dann zurück, weil sie eine Hilfe aus Mainz fürchteten und die Burg nicht so geschwind zu überwältigen hofften. Nur die Pfarrkirche blieb vom Brand verschont, die Johanneskirche aber brannte ab und wurde nicht mehr erbaut.

Algesheim liegt am Anhang eines Berges nach der Rheinseite, in einer sandigen Ebene. Durch den Ort läuft eine kleine Bach Welzdendreck, von den Bewohnern aber die Dreckbach genannt, welche in Oberhilbersheim entspringt, durch Niederhilbersheim, Appenheim fließt, in der Gemarkung von Algesheim 5 Mahlmühlen treibt und sich unterhalb desselben in den Rhein verliert. Die Gemarkung enthält über 2700 Morgen, wovon der hinter der Stadt gelegene Berg mit Weinstöcken bepflanzt ist und viel Wein erzeugt, der zu den gewühnlichen Gauweinen gehört, und wenn er auch den Rheinweinen nachsteht in der Stärke, doch in der Menge dem Eigenthümer ersetzt, was ihm an Stärke mangelt und der Gesundheit sehr zuträglich ist.

Die Einwohner sind beinahe alle katholisch und ihre Pfarrkirche den heiligen Cosmas und Damian geweiht. In der Gemarkung liegt auch der Laurenziberg mit einer diesem Heiligen gewihten Wallfahrtskirche und einem großen Hofgut von 539 Morgen. Die schönen Gebäude sind meistens neu erbaut. In den letzten Zeiten gehörte es den Freiherrn von Langwerth, die noch zu Eltville im Rheingau ein großes Haus und Gut besitzen. Sie trugen den Hof von den Herzögen von Zweibrücken zu Lehen. In früheren Zeiten war es ein Dorf und hieß Bergen oder Bergheim, auch Bergun. Es hatte eine Pfarrkirche, der sogar die Bewohner des benachbarten Oberhilbersheim eingepfarrt waren, dann sein gericht und Schöffen, und einer der mütterlichen Ahnherrn unsers Gutenberg, Eberhard von Gutenberg schrieb sich in einer Urkunde vom 27. Dezember 1362 Herr des Gerichts zu Bergen. Auch ein adeliches Geschlecht, die von bergen führten von dem Ort den Namen und noch im Jahre 1332 wohnte allda ein Heinrich von Bergen. Dieser hatte sich damals bei dem Probst des H. Kreuzstiftes auf dem Feld zu Mainz, als Archidiakon des Orts, beschwert, daß der Pfarrer von Oberhilbersheim die nutzungen der St. Laurenzikirche zu Bergen beziehe, ohne dort für den Dienst Gottes zu sorgen, worauf dieser die Partheien dahin verglichen, daß jener Pfarrer zweimal in der Woche dort Gottesdienst hielt. Es scheint, daß kurz vorher dieses Bergen eingegangen und seine Bewohner sich in den benachbarten Orten niedergelassen hatten. Es war ein alter Ort und schon im 8ten Jahrhundert zu den zeiten des Königs Pipin bekannt, wo es in den lorcher Schenkungsurkunden Bergheim im Wormsgau genannt wurde. In den Zeiten der Reformation wurde die Kirche des Laurenziberges, als dem Erzstift Mainz angehörig, von der von Oberhilbersheim, einem pfälzischen Orte, getrennt und der zu Ockenheim, später aber der von Algesheim einverleibt.

Das Städtchen Algesheim hatte ein Gemeinde- und ein Gerichtssiegel. Beide waren rund, ersteres etwas kleiner als letzteres, und hatten einen Zoll im Durchmesser. In beiden war zwischen der Umschrift ein spanischer Schild, der im ersteren durch einen Querbalken getheilt, im obern Theil drei und im untern zwei Kugeln, im zweiten aber zwei durch eine Doppelachse getheilt, übereinander befindliche Räder, jedes mit sechs Speichen, hatte, Ersteres hatte die Umschrift: S. Comunitatis von Algensheim, letzteres S. dez Gerichts von Algezheim. Die 5 Kugeln oder Ballen des ersteren müssen auf irgend ein Verhältnis der Gemeinde Bezug haben; die zwei sechsspeichigen Räder mit der Doppelachse in ihrer Mitte deuten offenbar auf die Landeshoheit der Kur Mainz, welche diese Räder in ihrem Wappen hat und durch die Doppelachse auf die aus dieser Landeshoheit fließende Gerichtsbarkeit in bürgerlichen und peinlichen Fällen.

 

Vollständiges topographisch-justitiarisches Handbuch der sämmlichen Deutschen Bundesstaaten zum Gebrauch für Gerichts- und andere Behörden, Sachwalter, Secretarien, Actuarien, Postbeamte, Kaufleute und andere Geschäftsmänner in und außerhalb Deutschland, bearbeitet und herausgegeben von Johann Friedrich Kratzsch, Oberlandesgerichts-Registrator zu Naumburg an der Saale, Zweiter Abteilung erster Band, Naumburg 1845, Verlag von Eduard Zimmermann, S. 432

Gau-Algesheim od. Algesheim b. Ober-Ingelheim. – Stadt mit kathol. Pfarrkirche. – 286 H. 1862 (meistens kathol.) E. – Großherzogth. Hessen. – Prov. Rheinhessen. – Kreis Bingen. – Friedensger. Ober-Ingelheim.- Kreisgericht Mainz. – Oberger. Mainz. – Die Stadt Gau-Algesheim hat 2 Schulhäuser, 1 Schloß (vom Churfürsten Dietrich im Jahre 1450 erbaut), 1 Synagoge, 1 Rathhaus und 4 Mühlen. Es wird hier starker Weinbau getrieben. Uebrigens hat der Ort 2 Krammärkte. Gau-Algesheim ist Sitz der Districts-Steuereinnahme für den Erhebungsdistrict Ober-Ingelheim. Die Stadt gehörte ehedem zu dem Churfürstenthume Mainz.

 

Nouveau Dictionnaire de Géographie universelle. Description physique, politique et historique de toutes les parties du monde par Perrot, Aristide-Michel/ Aragon, Anne-Alexandrine, tome premier (A-G), B. Renault et Cie, Paris, 1857, S. 45, 465

ALGESHEIM, v.g. fortifié du grand-duché de Hesse-Darmstadt dans la prov. de la Hesse du Rhin, à 5 l ½ de Mayence. Pays de bons vins; chaque année il s’y tient deux foires. Pop. 1,400 hab.

GAU-ALGESHEIM, v. du grand-duché de Hesse-Darmstadt, prov. Du Rhin, 4 l. S.-O. de Wisbaden. 1,400 hab.

 

Die Weinorte der Rheinlande. Nach offiziellen Mittheilungen dargestellt zum Nutzen der Wein-Cultur und des Rheinischen Weinhandels von J. G. A. Wirth, Verlags-Buchhandlung Joh. Wirth, Mainz 1866, S. 33f.

 Gau-Algesheim, Rheinhessen, Kreis Bingen, Stadt mit 2128 Einwohnern; Eisenbahn-Station des Hessischen Ludwigsbahn.

Ungefähr 1600 Hessische Morgen Weinberge, worauf ca. 1000 bis 1500 Stück Wein per Jahr wachsen.

Traubensorten: Clevner, Kleinberger, Oestreicher, Ruländer und die sog. Fleischtraube.

Rothe Weine wachsen ca. 100 Stück und von den anderen Sorten der übrige oben angegebene Theil.

Sehr starker Trauben-Verkauf; im Jahre 1865 wurden für fl. 15,000 Trauben verkauft.

Hauptproducenten sind: Ludw. Jonas, gleichzeitig Besitzer eines Weingutes in Bingen, Bürgermeister Ewen, Fried. Mayer IV., Philipp Kaiser II., Philipp Hessel, Heinrich Kaiser, Martin Kaiser II., Franz Joseph Schmitt, Wilhelm Ewen I., Heinrich Hattemer VII., Bernhard Schmitt, Wilhelm Hellmeister Ww. aus Mainz, Dr. Emil Gassner, Notar, Heinr. Mayer, Huff Ww. zu Hof Lorenziberg bei Gau-Algesheim.

Durchschnittspreise: Der 1865er Rothe kostete im Herbste durchschnittlich 2 fl. 45 kr. per Viertel roher Most; 1862er per Ohm 100 fl.; der weisse 1865er per Stück durchschnittlich 300 fl. im Herbste; der 1862er gegenwärtig zwischen 300 – 400 fl.

Verkaufsweise. Der Rothwein wird gewöhnlich per Ohm oder per Zulast à 4 Ohm, und der weisse wird per Stück à 600 Maas verkauft.

Gastwirthe: Bürgermeister Ewen, Mart. Kaiser II., Johann Immerschitt, Jos. Deister.

Makler: Franz Weiner, Johann Fleischer.

Küfer: Lorenz Kraus, Georg Kraus, Adam Jost, Valentin Völker, Franz Völker, Franz Schaberger, Johann Schmitt und Georg Rohleder.

 

Brilmayer, Karl Johann, Rheinhessen in Vergangenheit und Gegenwart. Geschichte der bestehenden und ausgegangenen Städte, Flecken, Dörfer, Weiler und Höfe, Klöster und Burgen der Provinz Rheinhessen, Verlag Emil Roth, Gießen 1905, Reprint: Verlag Weidlich, Würzburg, 1985, S. 155 – 162 (Auszug).

Gau-Algesheim, Stadt im Kreise Bingen, Station der Preußisch-Hessischen Staatsbahn, Linie Mainz – Bingen und Gau-Algesheim – Bad Münster am Stein, hat in 470 bewohnten Gebäuden 2608 Einwohner, darunter 2404 Katholiken, 177 Evangelische und 27 Israeliten. Im Jahre 1815 betrug die Zahl der Einwohner 1400.

Verwaltung. Gau-Algesheim bildet mit dem Weiler Laurenziberg eine Bürgermeisterei, ist Sitz eines katholischen Pfarramtes, und gehört zum Amtsgericht und Steuerkommissariat Ober-Ingelheim. Bezirkskasse Nieder-Ingelheim, Untererhebstelle Gau-Algesheim. Es ist Sitz einer Gendarmerie-Station. Auch hat der Kreisveterinärarzt des Kreisveterinäramtes Bingen in Gau-Algesheim seinen Wohnsitz.

Kirche und Schule. Die katholische Pfarrei mit Kaplanei gehört zum Dekanat Ober-Ingelheim. Die Pfarrkirche ist den hl. Kosmas und Damian geweiht und hat 5 Altäre. Die Evangelischen sind nach Appenheim, Dekanat Mainz eingepfarrt, die Israeliten haben eine Synagoge. Die Zahl der Schulkinder beträgt 415, welche, in 7 Klassen geteilt, von 5 katholischen Lehrern und 2 katholischen Lehrerinnen unterrichtet werden. Außer der Fortbildungsschule besteht für die schulentlassene männliche Jugend eine Sonntagszeichenschule. Für die noch nicht schulpflichtigen Kinder ist eine Kleinkinderschule vorhanden, welche von Schwestern der göttlichen Vorsehung geleitet wird.

Gesundheitspflege. Zwei Ärzte haben in Gau-Algesheim ihren ständigen Wohnsitz, eine Apotheke ist vorhanden. Ein Spital dient zur Verpflegung armer Kranken, es wird geleitet von barmherzigen Schwestern, welche auch die häusliche Krankenpflege versehen.

Handel und Verkehr. Lebhafter Eisenbahnverkehr, Post= und Telegraphenamt. Große Weinhandlungen, Carbolineumfabriken. Druckerei, in der wöchentlich zweimal der „Rheinische Volksbote“ (Zentrum) erscheint.

Gemarkung. Die Gemarkung Gau-Algesheims hat einen Flächeninhalt von 1397,17 Hektar (5588,68 Morgen), darunter befinden sich 914,73 ha Ackerland, 36,35 ha Wiesen, 315,67 ha Weinberge, 76,24 ha Wald und 10,33 ha Hofreiten. Auf der östlichen Seite er Stadt fließt der in Ober-Hilbersheim entspringende Welzendreckbach vorbei, welcher drei zu Gau-Algesheim gehörige Mühlen treibt, die Layenmühle, Neumühle und Reitzenmühle. In Gau-Algesheimer Gemarkung liegt der Weiler Laurenziberg.

Schultheißenamt. Im Mittelalter wurde Algesheim durch einen Schultheißen und Schreiber verwaltet. Der Schultheiß übte die oberste Gerichtsbarkeit, war immer ein Edelmann und wurde stets vom Erzbischof ernannt. Unter ihm bildeten die Schöffen das eigentliche Richter- und Verwaltungskollegium. Von einem edelmännischen Schultheiß ist in späteren Jahren keine Rede mehr. Im 16. und 17. Jahrhundert finden wir einen bürgerlichen Ober-Schultheiß nebst einem Unter-Schultheiß, während es gegen die Mitte des 18. Jahrhunderts nur noch einen Schultheiß gab.

Gericht. In früherer Zeit hatte Algesheim sein Partikular- oder Gemeinde-Haingericht, das aus einer Delegation des Adels, der Geistlichkeit und der Bürgerschaft bestand, welcher der Erzbischof Johann II im Jahre 1417 einen erzbischöflichen Delegierten beifügte. Es hatte in Bezug auf Wälder, Weiden, Gewässer, Wege, Stege alle sich ergebenden Irrungen und Zwistigkeiten zu schlichten, Zweifel und Ungewißheiten zu lösen, die bestehenden Gesetze und altes Herkommen zu handhaben, wann und wo es nötig schien, neue zu erlassen, die dagegen vorgefallenen Frevel zu rügen, Missbräuchen und Unordnungen, auch Uebergriffen zu steuern und überhaupt Forst- und Feldpolizei im weitesten Umfange zu üben. Auch hatte Algesheim sein Hochgericht. Der Platz, wo die Richtstätte sich befand, heißt noch heute „am Galgen“. Das Ortsgericht bestand aus einem Schultheiß und 6 Schöffen, die Gerichtsverhandlungen fanden im Freien statt. Das Gerichtssiegel war zirkelrund und zeigte auf einem spanischen Schilde zwei übereinanderstehende sechsspeichige Räder, welche in der Mitte des Schildes durch eine querdurchgehende Doppelachse mit einander verbunden waren. Die Umschrift des Siegels lautete: „S. dess Gerichts in Algesheim“. Auch ein Gemeindesiegel war vorhanden. Wie aus einem Siegel an einer Urkunde vom Jahre 1451 ersichtlich, war es zirkelrund, zeigte einen spanischen Schild, durch einen Querbalken geteilt, der im oberen Teile drei, im unteren Teile zwei Kugeln hatte. Die Umschrift lautet: „S. Communitatis von Algensheim“.

Wappen. Das Wappen von Algesheim, wie es am Rathause angebracht ist, zeigt in rotem Felde zwei übereinstimmende weiße, sechsspeichige, durch eine Doppelaxt getrennte Räder.

Stadtrechte. Ein wichtiger Abschnitt in der Geschichte Gau-Algesheims bildet das Jahr 1355. In einer von Pisa, 11. Februar1355, datierten Urkunde gestattete König Karl IV. dem Erzbischof und dem Stifte zu Mainz das Dorf Algesheim mit Mauern, Gräben und durch andere Befestigungen zu schützen. Zugleich erhebt er dasselbe zu einer Stadt und erteilt ihm dieselben Freiheiten wie der befestigten Stadt Frankfurt, nachdem schon einige Jahre fürher, 1332, König Ludwig der Bayer ihm gleiche Stadtrechte wie Frankfurt verliehen hatte.

Befestigung. Mit der Befestigung der Stadt wurde in den nächsten Jahren begonnen. Sie wurde ganz mit einer Ringmauer umgeben, um die ein tiefer, breiter Graben lief. Drei Tore oder Pforten mit Turmaufbau bildeten die Eingänge durch die Ringmauer in das Innere der Stadt, im Süden die Klopppforte, im Osten die Neupforte und im Norden die Heupforte. Zwischen diesen Tortürmen befanden sich an hervorspringenden Ecken und sonstigen Teilen der Ringmauer noch 6 Türme, von denen der Schloßturm noch teilweise, der Graulsturm noch ganz erhalten ist.

Schloß. An der südlichen Seite der Stadt schlossen sich unmittelbar die äußeren Umfassungsmauern des Schlosses an, sodaß es noch innerhalb des Stadtgebietes lag und von außen keinen Zugang hatte. Man gelangte in dasselbe durch ein Tor der äußeren Ringmauer, dann über eine Zugbrücke durch das Schloßtor in den eigentlichen Schlosshof. Die äußere Ringmauer ist jetzt noch fast vollständig erhalten. Zwischen äußerer und innerer Ringmauer lag ein breiter Graben. Die innere Ringmauer, mit Resten kleiner Türmchen, steht nur noch auf der Ostseite. Das Schloß wurde von Erzbischof Theodorich im Jahre 1444 erbaut und erhielt den Namen Ardeck. Es war ein einflügeliger Bau, mit der Hauptfacade nach Norden, der Stadt zu, gerichtet. An der nordwestlichen und nordöstlichen Ecke sprangen Erker heraus, während auf der Südseite zwei große Türme emporragten, von denen der eine im Volksmunde den Namen Hexenturm führte. Im Schlosse befand sich eine dem hl. Bonifatius geweihte Kapelle. Das Schloss ist noch teilweise vorhanden und bewohnt.

Rathaus. Bemerkenswert ist das auf dem Marktplatz stehende, 1726 erbaute Rathaus. Im Turme hängt ein Glöckchen aus neuerer Zeit.

Weinmarkt. Im Mittelalter war zu Algesheim ein bedeutender Weinmarkt, der den Erzbischöfen von Mainz verschiedene Gefälle abwarf, die diese oft an Edelleute verliehen oder versetzt haben. So hat der Erzbischof Heinrich III. im Jahre 1339 seinem Schultheißen zu Algesheim, dem Ritter Johann, des Ritters Hartwiges Sohn zu Lorche, seinen Weinmarkt zu Algesheim verliehen, denselben allda zu heben und zu bestellen gegen eine jährliche Bezahlung von 30 Mark Pfennig, jede Mark zu 36 Schilling Heller gerechnet (ungefähr 384 M.). Das war ein starkes Pachtgeld, woraus sich schließen lässt, dass der Weinmarkt in Algesheim bedeutend gewesen sein muß. Dieselbe Belehnung unter denselben Bedingungen findet statt im Jahre 1343 an Peter Gruele von Bingen und im Jahre 1346 an den Edelknecht Heinrich von der Sporen.

 

Landes-Adreßbuch für das Großherzogtum Hessen auf Grund amtlichen Materials bearbeitet, II. Band: Rheinhessen, Druck und Verlag der Joh. Conr. Herbertschen Hofdruckerei (Fr. Herbert), Darmstadt, 1906, S. 152 (- 158)

Gau-Algesheim mit dem Weiler Laurenziberg, den Layen-Mühlen und der Reitzen-Mühle. Stadt. Gemarkung: 1397 Hektar; darunter 915 Hektar Acker, 36 Hektar Wiesen, 316 Hektar Weinberge u. 76 Hektar Wald. 2608 Einw. Bürgermstr. J. A. Kleisinger. Pfarrer Jos. Hensel, Amtsger. Ober-Ingelheim, Hauptst.-Amt Mainz, Hochbauamt Mainz, Oberförsterei Mainz, Steuerkommiss. Ober-Ingelheim Bezirkskasse Nieder-Ingelheim. Kreisvermess.-Amt Bingen, Gendarmeriestation Appenheim. Station der Linien Frankfurt-Mainz-Bingen und Gau-Algesheim-Münster a. St. Post, Telegraph und öffentl. Fernsprechstelle. – Vereine und Genossenschaften: 2 Kriegervereine, Cäciliengesangverein, Männergesangverein, Turnverein Eintracht, Freiw. Feuerwehr, Radfahrerverein, Gewerbeverein, Obst-, Garten- u. Weinbauver., 2 Konsumver. (E.G.m.u.H.), Kredit- und Sparverein (E.G.m.u.H.).

 

Hehn, Heinz, Gau-Algesheim, Deutsches Städtebuch. Handbuch städtischer Geschichte, hrsg. von Erich Keyser, Bd. 4, 3, Städtebuch Rheinland-Pfalz und Saarland, Kohlhammer, Stuttgart, 1964, S. 140-142.

Gau-Algesheim, Landkreis Bingen

Welche Bezeichnungen gibt es für den Ort? Alagasteim und Alagastesheim (766), Algensheim im gaw (1109), Alginsheim (1112, 1134), Alengreheim (1130), Algisheim (1200), Algensheim (1355), Algeszhem (1515), Gauw Allgeszheim (1618), Gau-Algesheim (seit 1818); mdal. Aljesum.

Wie ist die Lage des Ortes? Am Rand der Rheinebene in der Einbuchtung des Welzbachtales. Höhe: 100 m über NHN. An Bundesstr. 41 Gau-Algesheim - Saarbrücken, 1 km südl. der Abzweigung der Bundesstraße 41 von der Bundesstraße 9.

Wann ist die Erste Erwähnung belegt? Als Dorf und Gemarkung Alagastesheim im Wormsgau 766 (Codex Laureshamensis).

Welche topographisch-politische Bedeutung fördert die Stadtbildung? Entstehung der Stadt aus dem älteren Dorf. Militärische Bedeutung des Ortes als NO-Ecke des kurmainzer Territoriums im Nahemündungsgebiet, im N, 0 und S begrenzt von kurpfälz. Gebiet (Grafschaft Sponheim) und Reichsgebiet.

Welche Herren sind an der Stadterhebung beteiligt? Baldewin, Erzbf. von Trier als Provisor des Mainzer Stuhles, bestätigt durch Kaiser Ludwig dem Bayern am 23. August 1332. 2. Gerlach, Erzbf. von Mainz als Territorialherr, bestätigt durch Kaiser Karl 1V. am 11. Februar 1355.

An welchen Rechten orientieren sich die übertragenen Befugnisse? Rechte der Stadt Frankfurt 1355.

Welche Bezeichnungen werden für den Ort verwendet? 1268 villa, 1332 locus und locus seu opidum, 1346 Dorf, 1355 villa, 1357 Dorf, 1358 opidum seu villa, 1396 Dorf, 1618 Flecken, 1693 Stättlein.

Welche Entwicklung hat die Stadt über die Jahrhunderte genommen? Ma. Stadtkern rundl., im wesentl. beibehalten bis M. 19. Jh.; erweitert durch geschlossene Siedlung nach Westen. Anfang des 20. Jh. aufgelockerte Randsiedlungen nach W, N und S. Nach dem 2. Weltkrieg nach S (1950), SW (1954), N (1958) und 0 (1960). Stadtbefestigung: Graben teilweise ohne Wasser 1344 (1397 Dorfgraben gen.), Mauer (1360 noch unvollendet). 1344 Klopp-Pforte und „niderste porte" (Heupforte), 1346 Pforte, die zur Mühle hinausführt (Neu-Pforte oder Mainzer Pforte), Graulturm (gen. nach Schultheiß Peter Gruele 1336-57). Plan von Mascopp 1577 zeigt neben diesen drei Pforten eine Pforte zum Schloß Ardeck (bei Mascopp „Landau") und insgesamt 10 Mauertürme. Heutor 1812, Klopptor und Neutor 1819 niedergerissen, Graben im W aufgefüllt, Mauer teilweise abgerissen, zum Teil in Gebäude einbezogen; erhalten ist der Graulturm. - Burgen: Schloß Ardeck, Wasserschloß erbaut durch die Mainzer Erzbf. zwischen 1422 und 1444; 1803 auf Anordnung der franz. Behörden teilweise geschleift. - Frühere Burganlage vermutet (1317 Schöffe Burcgrave, 1112 Grundstücksangabe „bei der Mosebureh", 1344 und 1381 mehrfach gen.). - Fläche innerhalb der Stadtmauer 9,64 ha. Entfernung Heutor - Klopptor (N-S) 420 m, Neu-Pforte - Mauer am „Graben" (O-W) 325 m.

Über welche herausragenden Gebäude verfügt die Stadt? Rathaus erstmals erw. 1344, von den Schweden niedergebrannt 1631, wiederaufgebaut 1726. - Kath. Pfarrkirche: 1190 kath. Pfarrei erw., 1316 erste Erwähnung der Kirche als dem 111. Martin geweiht, nach der Auffindung der Häupter der 111. Cosmas und Damian diese ebenfalls Kirchenpatrone 1501, 1539 Neubau des Kirchenschiffes, 1631 durch die Schweden ausgebrannt, 1784 Cosmas und Damian als alleinige Kirchenpatrone, 1888/89 neuerbaut, wobei Chor und Eingangshalle mit Turm der alten Kirche als Querhaus in den neuen Bau einbezogen wurden. - Kapelle St. Michael auf dem Kirchhof 1316 erstmals, 1613 letztmals erw. - Kapelle St. Johannes 1341 erw., 1690 gebrannt, 1799 abgerissen. - Ev. Kirche 1925-27 erbaut.

Welche Zerstörungen erlebt die Stadt? 1631 Niederbrennung der Stadt durch die Schweden im 30jährigen Krieg. 1690 Brandschatzung der Stadt durch die Franzosen im Pfälz. Erbfolgekrieg. 1811 Brand des Viertels zwischen Langgasse und Bein.

Welche demographische Entwicklung nimmt die Stadt in den ersten Jahrhunderten? 1525: 860, 1618: 890, 1667 (1 Jahr nach der Pest): 207, 1766: 727, 1776: 678, 1790: 1200 E.; Pest Juni-November 1666 (in 4 Monaten 400 Tote).

Welche demographische Entwicklung nimmt die Stadt seit dem 19. Jahrhundert? 1815: 1400, 1846: 2010, 1871: 2182, 1905: 2851, 1939: 3540, 1950: 4129,1961: 4540, 1963: 4725 E.

Welche Personen gewinnen außerhalb ihrer Geburtsstadt an Bedeutung? Peter Bischof von Algesheim, Baumeister und Bildhauer, * um 1430, + nach 1480. Christian Erbach, Komponist, * 1570 in Gau-A., + 1635 in Augsburg.

Welche Mundart wird in Gau-Algesheim gesprochen? Die Mda. ist westpfälz., spricht was, Eis, gebroch, fescht. (Held, Studien zur Dialektgeogr. der hess. Pfalz. Diss. Marburg, 1915).

Über welche wirtschaftlichen Grundlagen verfügt die Stadt? Gewerbe im MA. nur vereinzelt, bis A. 19. Jh. vorwiegend Landwirtschaft. Wochenmarkt 1332 verliehen. Weinmarkt seit 1339, jl. im Herbst, bald nach 1352 abgängig; 1698 zwei Jahrmärkte nur von kurzer Dauer.

Gebr. Avenarius, Imprägnieranstalt seit 1868, heute Geb. Avenarius KG. Mineralölwerk. R. Avenarius & Co., Chem. Werk. Jakob Esch Chem. Fabrik seit 1962. Franz Josef Volker, Konservenfabrik seit 1926, seit 1955 Zweigwerk der Katlus-Konserven München. Josef Schaberger, Hotelbedarf seit 1947. Solo-Kleinmotoren, Maichingen, Zweigniederlassung seit 1957. Karl Reidel, Verlagsdruckerei seit 1869, seit 1950 Offsetdruckerei. Rhein. Kronensektkellerei Schloß Ardeck Schweickert. Bezirksgenossenschaft für Obst und Gemilse seit 1902. Gau-A.er Winzergenossenschaft (jetzt: Bezirks-Winzergenossenschaft) seit 1911. Wein- und ObstgroBhandlungen.

Welche Eisenbahnlinien berühren Gau-Algesheim? Eisenbahnlinie Mainz-Bingen seit 1859; Gau-Algesheim - Bad Kreuznach seit 1903.

Für welche Orte hat die Stadt Bedeutung über ihre Grenzen hinaus? Wirtschaftl. Bedeutung für die Orte des Welzbachtales (Appenheim, Nieder- und Ober-Hilbersheim) und Ockenheim.

Wie entwickelt sich die örtliche Verwaltungsstruktur? 1268 Richter (Judex) und Schöffen (scabini) des Dorfes oder Holes (ville seu curie). Hofgericht des erzbischöfl. Fronhofes (des früheren Königshofes) wurde Ortsgericht. Früher auch Blut- und Hochgericht. 1302 Schultheiß und Schöffen als Trager der Gerichtsbarkeit. Im 14. Jh. war das Gericht zu A. Oberhof für das mainzische Gericht Sobernheim; Appellation 1515 an das bischöfl. Hofgericht Mainz. Schultheiß als Vorsitzender des Gerichtes bis in das 16. Jh. aus dem Add, seit 1356 Oberschultheiß, etwa ab 1400 Amtmann, 1344 und 1346 14 Schöffen, davon 6 bzw. 7 adlig. 1355 13 Schöffen, davon. 7 Edelknechte. 1489 letzter adliger Schöffe. 1530 nur noch 7 Schöffen, davon einer Gerichtsschreiber. Schon 1595 durfte das Gerieht bei Beurkundungen nur mit Vorwissen und Bewilligung des Amtes (kurmainz. Verwaltung) siegeln. Verlust der freiwilligen Gerichtsbarkeit zur Neuzeit hin an das Amt. 1417 städt. Verfassung bezeugt. 1560 Rat erstmals bezeugt. Beteiligung an dem Bauernaufstand im Rheingau 1525.

Welche überörtlichen Institutionen besitzt die Stadt? Notariat seit 1809. Veterinäramt seit vor 1880-1949.

Zu welchen Territorien gehört Gau-Algesheim im Laufe der Jahrhunderte? Schenkung des frank. Königgutes an das Erzbt. Mainz durch Otto II. 983. Departement Donnersberg, Kanton Ober-Ingelheim seit 1797. Zu Prov. Rheinhessen des Großhzt. Hessen, Kr. Bingen seit 1816. Zu Freistaat Hessen seit 1918. Zu Land Rheinland-Pfalz seit 1946.

Wer besitzt die Wehrhoheit? Wehrhoheit im Besitz des Landesherrn, des Erzbf. von Mainz. Verteidigung der Stadt nur durch die Bürger.

Wie sehen die Siegel und Wappen der Stadt aus? Zunächst gesiegelt mit den Siegeln hier ansässiger Adliger. 1489 erstmals Gerichtssiegel angekündigt. 1513 zwei Siegel angekündigt, 1. des Schultheißen, 2. der Schöffen (letzteres erhalten von 1515). Im Schild stehendes sechsspeichiges Mainzer Doppelrad, verbunden durch liegendes Doppelkreuz (letztmals nachweisbar 1571). 1660-1756 neues Siegel: Doppelrad im Schild, verbunden durch liegendes Doppelrückenkreuz. 1686-1711 kleinerer Stempel: frei im Siegelfeld stehendes Mainzer Doppelrad, durch liegendes dreifaches Kreuz verbunden. Großhz. Ludwig von Hessen bestätigte 1853 als Stadtwappen: In Rot übereinander zwei durch eine Doppelaxt miteinander verbundene silb. Räder.

Wie sieht die moderne Stadtfahne aus? Stadtfahne: Zur 600-Jahr-Feier der Stadtrechtsverleihung 1955 neu gestaltet aus den Mainzer Farben rot-weiß und dem Stadtwappen: Banner 1/4 rot, 2/4weiB, 1/4 rot. In der Mitte des weißen Feldes Umrisse des Stadtwappens in schwarz.

Welche Elemente einer Finanzstruktur sind in der Stadtgeschichte zu finden? 1357-86 nachweisbar „Bundeszins"' Abgaben der Pächter der Beunde (Bischofs gut). Großer und kleiner Zehnt seit der Zugehörigkeit zum Erzbt. Mainz. Zollstelle an der Heupforte (Kurmainzischer Geleitzoll).

Welche Größe besitzt die Gemarkung? Markung 1950-61: 1397 ha geschlossen rund um die Stadt. Laurenziberg (im MA. Bergen) als Restsiedlung nach 1648 eingemeindet, damals etwa 20-30 E., etwa 200 ha Fläche.

Welche Befestigungen kennzeichnen die Gemarkungsgrenzen? Landwehren nach N gegen Sporkenheim, nach W gegen Ockenheim, nach SW gegen Bergen: Wall mit Baumen und Hecken bestanden. Nach 0 gegen Ingelheim mit zusätzl. Graben versehen, 1700 wegen Streitigkeiten mit kurpfälz. Ingelheim erw. Landwehren teilweise noch heute auf den Gemarkungskarten an der anders gerichteten Parzellierung erkennbar.

Welche Strukturen kennzeichnen die katholische Pfarrei? Kath. Kirche wahrscheinl. im 8. oder 9. Jh. gegr., der Pfarrei Bergen (heute zu Gau-A. gehöriger Ortsteil Laurenziberg) unterstellt. Erteilung der Pfarr-Rechte wahrscheinl. um 1000 (Nachbarpfarreien). Besetzungsrecht der Pfarrei durch die Vögte des Erzstiftes Mainz, von diesen 1190 als Lehen an die Grf. von Bolanden, nach deren Aussterben 1369 an die Grf. von Sponheim, 1393 an die Grf. von Nass.-Saarbrücken, später von Nass.-Weilburg. Nach der Reform. im 16. Jh. Besetzungsrecht durch Tausch an das Erzbt. Trier. 1646 alleiniges Besetzungsrecht durch den Erzbf.-Kfst. von Mainz nachgewiesen. Patronatsherr der Altäre und Kapellen war bis 1618 die Stadt.

Erzbt. Mainz (ab 1801 Bt. Mainz), 9.- M. 16. Jh. Archidiakonat des Probstes von Heiligkreuz Mainz (später St. Maria im Felde gen.). 2. Hälfte 16. Jh. - 1803: A.er Landkapitel, Hauptort des Landkapitels. 1803-30 Gemeindebez. (Arrondissement) Mainz - Friedensgericht Ober-Ingelheim - Kantonspfarrei. 1830-1930 Dekanat Ober-Ingelheim. Seit 1930 Dekanat Bingen.

Welche Entwicklung nimmt die evangelischen Kirchengemeinde? Keine Auswirkungen der Reform. Protestanten seelsorgerisch seit A. 19. Jh. von der Pfarrei Appenheim betreut. 1906 eigene Gem. als Filialgem. der Pfarrei Bingen, seit 1959 Ev. Kirchengem. Gau-A. pfarramtl. verbunden mit der Ev. Kirchengem. Ingelheim-Nord.

Welche Religionen bzw. Konfessionen sind in der Stadt präsent? 1871: 140 Ev., 1982 Kath.; 1900: 177 Ev., 2404 Kath.; 1950: 685 Ev., 3404 Kath., 40 Sonst.; 1961: 787 Ev., 3676 Kath., 35 Sonst.

Welche Hinweise gibt es zum jüdischen Leben in der Stadt? Erster Nachweis von Juden 1766. Kultraum von A. 19. Jh.-1936. 1871: 60, 1875: 65, 1900: 27Juden.

Über welche sozial-caritativen Einrichtungen verfügt die Stadt? Hospital Stiftung im MA. mit eigener Kapelle; wirtschaftl. Grundlage waren umfangreiche Landbesitze in Gau-A. und Bergen; 1892-94 Zuwendung eines Hauses an den Hospitalfonds, Neueinrichtung eines Hospitals; Erweiterung 1962, nunmehr Altersheim und Entbindungsstation. Landeserziehungsheim „Schloß Ardeck".

Wer gewährleistet die moderne Energieversorgung? Wasserleitung seit 1890. Kanalisation im Ausbau seit 1925, angeschlossen an den Abwasserverband „Untere Selz". Eigene Elektrizitätsversorgung 1909-13, 1913-26 angeschlossen an Rheinhess. Energieversorgung Worms, seit 1926 angeschlossen an das Elektrizitätswerk der Rhein-Nahe-Kraftversorgung.

Über welche Bildungseinrichtungen verfügt die Stadt? Volksschule erstmals nachgewiesen 1577. Präparandenanstalt 1871-94. Fortbildungsschule 1849-1947.

Welche örtlichen Feste werden in der Stadt gefeiert? Kirchweih ("Kerb") am Sonntag nach Mariä Himmelfahrt (15. 8.). Fest des jungen Weines am 2. Sonntag im Oktober. Karneval, getragen vom Carneval-Ver. Gau-A. seit 1912.

Welche Zeitungen und Zeitschriften erscheinen in Gau-Algesheim? Rhein. Volksbote 1869-1921. Regionalausgabe der Mittelrhein. Volksztg. 1921-34. Kynologische Monatsz. „Dt.-Drahthaar-Bll." seit 1922. Nachrichtenbl. der Stadt Gau-A. seit 1928.

Welche Literatur gibt es zur Stadtgeschichte? K. J. Brilmayer, Gesch. der Stadt Gau-A. (1883). H. Sarg, Neubearbeitung der Gesch. der Stadt Gau-A. (1954). 600 Jahre Stadt Gau-A., hg. von A. Ph. Brück (1955).

Wo finden sich Archivalien zu Gau-Algesheim? Staatsarch. Darmstadt und Würzburg; Stadtarch. Mainz; Stadtarch. Gau-A.; DomArch. Mainz.