Carl-Brilmayer-Gesellschaft e. V.

Landmarken - Landkarten

Im Mascopschen Atlas von 1577 sind, neben einer Übersichtskarte der Ämter Algesheim und Olm, die ältesten detaillierten Abbildungen der Stadt und Gemarkung Gau-Algesheim überliefert. Für das Gau-Algesheimer Historische Lesebuch von 1999 hat Gottfried Kneib, ein vielfach ausgewiesener Kenner der Landesgeschichte, die Karten beschrieben und interpretiert. Hier eine gekürzte Fassung ohne Fußnoten.

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  • Der Kurmainzer Kartograph Gottfried Mascop. In: Mainzer Zeitschrift. - 87/88 (1992/93), Seite 209-268
  • Gau-Algesheim im Atlas des Kartografen Gottfried Mascop. In: Mitteilungsblatt zur rheinhessischen Landeskunde. - N.F. 12 (2010), Seite 23-38
Übersicht
Gemarkung
Stadt

Leben und Werk des Kartographen

Der Kartograph Gottfried Mascop entstammte einer angesehenen Patrizierfamilie der Stadt Emmerich, deren Vorfahren sich auch im niederrheinischen Umland bis in das 15. Jahrhundert nachweisen lassen. Die Familie stellte einige städtische Ratsherren und Bürgermeister. Sie legte besonderen Wert legte auf einen gehobenen Bildungsstand. So ist von Gottfrieds Bruder Johann überliefert, daß er an der Kölner Universität studierte und als Lizentiat beider Rechte zum Bürgermeister von Emmerich ernannt wurde. Über die Ausbildung von Gottfried Mascop fehlen jegliche historische Belege. Möglicherweise war er wie viele seiner zeitgenössischen Kartographen Autodidakt. In Frage kommt aber auch eine Lehrzeit in der berühmten Malerschule von Kalkar, zumal sein Bruder Johann an der Universität Köln als Kalkarer Bürger immatrikuliert war. Mascop selbst bezeichnete sich 1568 als Landtmeter sowie Cosmographus und 1575/76 als Magister artium oder Geographus.

Auf Grund der überlieferten Karten lassen sich für Mascop zwei große Schaffensperioden nach-weisen. Die erste in Westfalen fand ihren Abschluß mit der 1568 fertiggestellten kartographischen Darstellung der Bistümer Münster und Osnabrück. Wesentlich ergebnisträchtiger erwies sich seine zweite Arbeitsphase in der kurfürstlichen Metropole Mainz. Wahrscheinlich arbeitete er hier wie (in Westfalen) zunächst einige Zeit inoffiziell, bis ihn Erzbischof Daniel Brendel von Homburg (1555-1582) am 3. Mai 1575 als Geographen in seine Dienste nahm. Der Amtsvorgänger, Hofmaler Ulrich Pletzer, starb um die Jahreswende 1574/75. Mascop muß sich damals schon in Mainz aufgehalten haben, da er bereits zu diesem Zeitpunkt kartographische Arbeiten für den Mainzer Kurfürsten ausführte. So entstand 1574 in seiner Werkstatt ein heute verschollenes Kartenwerk der Erzdiözese Mainz mit deren Suffraganbistümern. Im Jahre 1575 beendete Mascop einen Plan der Residenzstadt seines Dienstherren. Der Riß zeigt in Vogelschauperspektive Mainz einschließlich der damaligen Befestigungsanlagen. Der Kartograph muß mit dem Werk schon vor seinem Dienstantritt begonnen haben, da eine Fertigstellung von Mai bis Dezember 1575 bei der Fülle der dargestellten Details äußerst unwahrscheinlich ist.

Aus der offiziellen Mainzer Dienstzeit sind zwei Karten erhalten. Die eine (undatierte) zeigt den Mainlauf zwischen Stockstadt und Sulzbach mit einer Stadtansicht von Aschaffenburg, die zweite von 1576 den Isenburger Besitz südlich der Mainmündung zwischen Rhein und Main im Osten bis Frankfurt und im Süden bis Groß-Gerau. Als die wichtigste Arbeit des Kartographen in Kurmainzer Diensten ist unbestritten der Atlas der linksrhei-nischen Ämter Olm, Algesheim und Bingen anzusehen, in dem Gau-Algesheim auf drei Karten dargestellt ist.

Mit der Fertigstellung des Atlasses im Jahre 1577 brach Mascops Tätigkeit in Mainz plötzlich ab. So blieb die vom Mainzer Kurfürsten beabsichtigte kartographische Aufnahme aller Ämter des Erzstiftes nach dem Muster des linksrheinischen Prototypen trotz des vielversprechenden Auftaktes unvollendet. Ursache hierfür ist möglicherweise Mascops Tod. Aber auch ein Wechsel zum reformatorischen Glauben, der einen Bruch mit dem katholischen Auftraggeber bedingt hätte, muß in Betracht gezogen werden. Jedenfalls gehörten Verwandte des Kartographen zu den ersten Verfechtern der neuen Konfession. Da die historischen Quellen schweigen, muß diese Frage offenbleiben.

Der Mascopsche Atlas

Der Mascopsche Atlas ist konzipiert als eine kartographische Dokumentation des linksrheinischen Kurmainzer Besitzes. Die erste Karte gewährt einen Überblick über das nördliche Rheinhessen und ermöglicht die geographische Einordnung der im folgenden dargestellten lokalen Details. Es schließen sich die Ortsansichten von Bingen (das sich im Besitz des Mainzer Domkapitels befand) und der beiden Amtssitze Nieder-Olm und Gau-Algesheim an. Den größten Raum beanspruchen die nachfolgenden Gemarkungspläne der einzelnen Amtsorte, welche durch schriftliche Erläuterungen und die Aufzählung einiger Gemeinderechte ergänzt werden. In dem Kartenwerk ist Gau-Algesheim dreimal vertreten: auf der Übersichtskarte, mit einem Stadtplan und mit einer Gemarkungskarte. Insbesondere zur Herstellung der beiden lokalen Algesheimer Karten war es unumgänglich, daß sich der Kartograph längere Zeit vor Ort aufhielt. Er kam mit seinem Sekretär Peter Kraich[ius] nach Gau-Algesheim und ließ sich von Schultheiß und Schöffen in einem Grenzumgang die Gemarkung zeigen. Dabei notierte er die Orts- und Flurnamen sowie alle Besonderheiten in rheinhessischer Mundart und übernahm sie in dieser Form in sein Kartenwerk. In Gau-Algesheim dauerte der Erkundigungsaufenthalt länger, da neben der Gemarkung auch das Stadtbild in Vogelperspektive festgehalten werden sollte.

Nach den Recherchen vor Ort fertigte Gottfried Mascop die Risse in seiner Mainzer Werkstatt. Als einheitliches Blattformat wählte er die Maße von 40 cm x 55 cm, die sich für eine Heftung (in der Kartenmitte) zu doppelseitigen Plänen eignen. Die Risse selbst sind ohne Rand und das ca. 3,5 cm breite Rankenornament durchschnittlich 27,5 cm hoch und 43,5 cm breit. Die in Tusche (wohl Bister) ausgeführten Reinzeichnungen kolorierte der Kartograph anschließend dekorativ mit Wasserfarben. Die hier verwendete Arbeitstechnik sowie die Rahmengestaltung mit Rankenornamenten hatten sich inzwischen zu einer für Mascop charakteristischen, unverwechselbaren Stilrichtung verfestigt. Hinzu kommt seine für die damalige Zeit typische Vorliebe für Wappenbilder. Die Rückseiten der linken Kartenhälften nennen den Titel der Pläne, die der rechten blieben unbeschriftet.

Die Übersichtskarte

Die einleitende Übersichtskarte enthält nach damaliger Manier eine Widmung an den Auftragge-ber, den Mainzer Erzbischof Daniel Brendel von Homburg. Dessen Wappen plazierte Mascop links oben in einer außergewöhnlich aufwendigen und dekorativen Form und preist ihn in einem lateinischen Lobhymnus (in einer Kartusche der gegenüberliegenden Bildecke). Der Riß selbst ist - für uns ungewohnt - nach Süden ausgerichtet. Dadurch ergibt sich eine Sicht vom nördlichen Rheingau aus auf die rheinhessische Hügellandschaft. Dem Erzbischof sollte offenbar ein Blick von seiner Residenz Mainz aus über seine linksrheinischen Herrschaftsgebiete suggeriert werden. Der Maßstab ergibt sich aus der dreifachen Meilenangabe am unteren Bildrand und beträgt etwa 1:100 000. Im unteren Bereich - also auch in der Umgebung von Gau-Algesheim - sind die Entfernungen für damalige Karten noch relativ exakt eingehalten, werden aber zum oberen Rand hin immer ungenauer. (…)

Aus heutiger Sicht enthält die Karte zahlreiche Ungenauigkeiten und Fehler. Die Ursachen liegen in den einfachen Hilfsmitteln des Kartographen. Er kannte weder das Gradnetz zur richtigen Plazierung der Ortschaften noch die Dreiecksmessung (zeichnerische Triangulation), obgleich diese schon vor 1533 in Flandern angewandt wurden. Vielmehr zeichnete er, wie es auf einer seiner Karten heißt, nach dem Augenschein. Mascop ging es in erster Linie um die anschauliche Wiedergabe einer Landschaft. Zur Steigerung der bildhaften Wirkung einer Karte war es für ihn legitim, Ungenauigkeiten in Kauf zu nehmen. Gau-Algesheim, das auf der Karte Gaw Algesum heißt, liegt in jenem Bereich, der noch relativ geringe Fehler aufweist.

Der Gemarkungsplan

Der Gemarkungsplan trägt den Titel: Algesheimer Gemarck. Die beigefügte Erläuterungsskizze zeigt die Gau-Algesheimer Gemarkung maßstabsgetreu in der Ausrichtung des Mascopschen Planes ( etwa in Südostrichtung) ergänzt durch alle Original-beschriftungen.

Wie bei allen übrigen Gemarkungskarten des Mascopschen Atlasses bildet auch bei dem Gau-Algesheimer Plan eine schematische Ortsansicht den Mittelpunkt, von dem aus die Straßen spinnennetzartig zu den Nachbardörfern ausgehen. Ähnlich markant sind auch die Bäche und Flüsse gezeichnet. Noch deutlicher und zusätzlich farbig hervorgehoben wurden jedoch die Grenzen zu den Nachbargemarkungen. Bemerkenswert ist hierbei, daß Mascop in einem seiner Erläuterungstexte zwischen inlendischen (d. h. Mainzer) Orten und auslendischen Nachbar-dörfern unterschied und damit einen fest abgegrenzten Territo-rialstaat voraussetzte, der die Herrschaftsgebiete anderer Fürsten als Ausland betrachtete. Die Dreigemärkersteine (Steine, bei denen drei Gemarkungen aufeinanderstoßen) wurden im Plan mit einem Tierkreiszeichen markiert. Diese Zeichen sind - wie die mit arabischen Ziffern gekennzeichneten Fluren - zeichnerische Iden-tifikationsmittel für die angefügten schriftlichen Erläuterungen, welche nun wörtlich abgedruckt werden. (Erläuterungen s. Gau-Algesheim, Historisches Lesebuch, 1999, S. 259f.)

Gottfried Mascop hat in seinem Gemarkungsplan einige Besonderheiten besonders hervorgehoben. Hierzu gehören die drei Mühlen am Welzbach: die New Mul [= Neumühle oder Schloßmühle], welche auch auf dem Stadtplan eingezeichnet ist, die Ley Mul [= Layenmühle] und die Henrichs Mul [= Henrichs Mühle, später Rittersmühle und Bollersche Mühle]. Die beiden ersten waren Bannmühlen des Mainzer Erzbischofs, das heißt, die Gau-Algesheimer waren verpflichtet, ihr Getreide in diesen herrschaftlichen Mühlen mahlen zu lassen. Die Müller mussten das Korn in der Stadt abholen, wiegen, mahlen und das Mehl wieder zum Kunden bringen. Die Einnahmen flossen in die erzbischöfliche Kellerei und wurden dort verrechnet. 1668 bezog der Erzbischof 45 Malter Kornzins aus seinen beiden Mühlen. Die Henrichs Mühle, welche Mascop am ausführlichsten beschreibt, ging im 17. Jahrhundert in den Besitz der Junker von Schwalbach und im 18. Jahrhundert in das Eigentum der Freiherren von Ritter über.

Weit vor den Toren der Stadt stand am Wege in Richtung Bingen ein Hospital, welches auf dem Stadtplan Sighaus [= Siechenhaus] bezeichnet wird. In diesem wurden im Mittelalter Menschen mit ansteckenden Krankheiten untergebracht, um die Stadtbe-völkerung vor Seuchen zu schützen. Die öffentliche Aussetzung erfolgte nach einem festen Ritus durch den Pfarrer. Mascop hat vor dem Siechenhaus drei Kreuze gezeichnet. Man darf wohl daraus schließen, dass die verstorbenen Kranken an Ort und Stelle und nicht auf dem Friedhof bei der Pfarrkirche bestattet wurden. Ähnliche Häuser für Seuchenkranke, die oft auch Gutleuthäuser genannt wurden, gab es auch bei Bingen (an der Drususbrücke), bei Gau-Bickelheim (an der Wallertheimer Brücke), bei Kreuznach (vor dem Rüdesheimer Tor), bei Oppenheim (vor dem Dienheimer Tor), bei Armsheim (am Weg nach Schimsheim), bei Alzey (an der Wormser Straße), vor der Stadt Mainz (an der Straße in Richtung Marienborn) und bei Flonheim. Alle lagen an Wegrändern, damit die Kranken Näpfe zum Sammeln aufstellen konnten.

An den Straßen nach Ockenheim, Sporkenheim und Ingelheim sowie vor der Neupforte (auf dem Stadplan eingezeichnet) wurden die Reisenden durch Schläge [= Zollschranken] aufgehalten. Die Gemeindeordnung von 1590 vermerkt zu diesen: Die Schläge, wie dieselben von alters her in der Gemarkung und am Flecken stehen, werden durch die Baumeister gemacht und in Bau und Handhabung gehalten und die Unkosten, so darauf geht, gebührlich verrechnet. Das Jurisdiktionalbuch von 1668 ergänzt: Den Zoll belangend, so hat unser gnädiger Herr [= der Mainzer Erzbischof] allhier ein Gülden-, Vieh- und Hauptzoll. Wer oder welche Wein oder Vieh und andere Waren vorübertreiben und -führen auf der Straße, auch an dem gemeinen Graben beim Straßenborn hin auf Bingen oder Mainz zu oder sonst durch die Gemarkung allhier treibt, der ist unserem gnädigsten Herren den Zoll davon zu geben schuldig, wie dann jeder Zeit durch einen Zöllner erhoben und verrechnet wird.

Nahe an der Gemarkungsgrenze stand an der Weggabelung nach Ober- und Nieder-Ingelheim das Gericht bzw. Halsgericht, d. h. der Galgen, welcher von der Gemeinde aufgerichtet und instand gehalten wurde. Die Todesurteile verhängte der Gau-Algesheimer Oberschultheiß im Namen des Mainzer Erzbischofs.

Etwas weiter in Richtung Sporkenheimer Hof zeichnete Mascop vier Zelte und entlang der Straße von Nieder-Ingelheim nach Bingen sieben Männer mit Pilgerstab und -hut. Es handelt sich - wie der Erläuterungstext ausweist - um Wallfahrer aus Ungarn, welche von den Gau-Algesheimern in Zelten und Hütten bewirtet wurden. Auf einem steinernen Stock präsentierte man ihnen zusätzlich (wohl in einer Monstranz oder einem Kelch) das Heilige Sakrament zur Anbetung. Die Ungarn-Wallfahrten sind schon im 12. Jahrhundert belegt. Sie erreichten ihren Höhepunkt im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit. Das Hauptkontingent der Pilger stellten die aus Deutschland ausgewanderten Siebenbürger. Ihr Weg führte über Wien, Linz, Passau, Regensburg, Nürnberg, Würzburg, Frankfurt, Mainz und den Rhein abwärts zum Hl. Dreikönigsschrein in Köln, zum Schrein mit den Kleidern der Gottesmutter Maria in Aachen und seit 1517 auch zum Hl. Rock nach Trier. Die Wallfahrten erfolgten in einem Siebenjahresrhythmus. Die letzte Ungarn-Betfahrt vor Mascops Aufenthalt in Gau-Algesheim fand im Jahre 1573 statt.

Die Gau-Algesheimer Gemarkung war von den umliegenden Gemeinden durch eine Landwehr (auch Landgraben genannt) abgeschirmt. Mascop zeichnete sie (allerdings nur auf der westlichen Seite) als breiten Graben, der beidseitig von einer Baumreihe begrenzt wird. Seine Gemarkungspläne von Ockenheim, Dromersheim und Dietersheim zeigen, daß ein weiterer Graben von Gau-Algesheim über Dromersheim entlang der Gemarkungsgrenze zwischen Dietersheim und Sponsheim bis zur Nahe zog. Der Landwehrbau setzte im Mainzer Erzstift Ende des 14. Jahrhunderts ein, entwickelte sich bis ins nachfolgende Jahrhundert und flachte dann wieder ab. Ähnliche Befestigungs-anlagen schützten das Territorium des Mainzer Unterstiftes um den Bischofssitz Mainz, um Kastel und Hochheim sowie um den Rheingau. Nach dem Dreißigjährigen Krieg erlosch ihre militärische Bedeutung. Die Landwehren erhielten nun im waldarmen Rheinhessen als Holzlieferanten wirtschaftliches Gewicht. (...)

Zeichnung: Gottfried Kneib

Der Stadtplan

Der in großem Maßstab gezeichnete Stadtplan aus der Vogelschau (mit dem Titel Algesheim in Grund gelegt) ist wesentlich genauer gezeichnet als die Gemarkungskarte. Die vermessungstechnischen Mängel Mascops bedingen aber auch hier Ungenauigkeiten, welche durch den dreidimensionalen Aufbau der Ansicht noch verstärkt werden. Insbesondere die kleineren Wohnhäuser sind nur schematisch wiedergegeben. Größere Übereinstimmung mit der Wirklichkeit dürften dagegen die abgebildete Burganlage, die Stadtbefestigung und der umfriedete Kirchenbezirk besitzen, da sie individuelle Züge tragen. Insbesondere die unterschiedlich gezeichneten Mauertürme legen nahe, daß sich Mascop gewissenhaft an die vorgefundenen Bebauungsformen gehalten hat. Der noch erhaltene Graulturm (im Vordergrund rechts neben der Neupfort) ist im Plan korrekt zylinderförmig mit Kegelhaube gezeichnet. Ebenso kann man die Gassen des Mascopschen Risses noch eindeutig im heutigen Straßennetz identifizieren.

Die Gau-Algesheimer Stadtansicht Mascops mit dem weltzer dreck fluvius (Welzbach) im Vordergund ist ungefähr nach Westen ausgerichtet. Daraus ergibt sich, daß der Standort des Kartographen auf der östlichen Anhöhe des Westerberges zu suchen ist.

Besonders augenfällig hat Gottfried Mascop die Befestigungsanlage wiedergegeben. Sie geht auf die Stadterhebungen von 1332 und 1355 zurück, nach denen die Gau-Algesheimer ermächtigt wurden, ihren Wohnort mit Mauern und Gräben zu umgeben und mit allem, was sie für notwendig erachten, zu rüsten, zu befestigen und zu bebauen. Der Verlauf der Ringmauer läßt sich im derzeitigen Straßenbild gut rekonstruieren. Vom noch erhaltenen Graulturm aus verlief sie entlang der heutigen Wallstraße, Badstube und Grabenstraße, überquerte die Langgasse und führte über die Straße Im Weiher zurück zum Ausgangspunkt. Längs der Mauer verlief ein tiefer, breiter Graben. In das Stadtinnere konnte man nur durch drei Tore gelangen: durch die Heupforte (Hewerpfort) an der Langgasse (die Lang gass), die Klopppforte (Kloppfort) an der Kloppgasse (Clop gass) und die Neupforte (Newpfort) an der Neugasse. Nach der Polizeiordnung von 1595 versahen hier Wächter in zwei Schichten ihren Dienst. Die Tagwächter mußten auf alle Aus- und Eingehenden achthaben und verdächtige Landstreicher, Müßiggänger sowie Bettler abweisen. Die Aufgabe der Nachtwächter zur Zeit der geschlossenen Tore bestand darin, die Gassen zu begehen und regelmäßig mit Horn oder Stimme die Stunden zu verkünden. Außerdem hatten sie alle Verdächtigen dem Schultheißen anzuzeigen. Die Erhaltung der Befestigungsanlage wurde aus der Bede finanziert, die von der Stadt erhoben wurde. Aus dieser Abgabe bezog auch der Wächter auf dem Johannisturm neben der Heupforte 30 Gulden für seinen Wachdienst.

Neben dem Mauerrecht erhielt Gau-Algesheim mit der Stadtverleihung auch das Marktrecht. Folgerichtig wurde an zentraler Stelle ein geräumiger Marktplatz angelegt, der bis heute unverändert erhalten ist. Hier im rathaus tagte - zunächst in einer Halle, später in einem steinernen Gebäude - das Stadtgericht. An den regelmäßigen ungebotenen Dingtagen wurde der versammelten Bürgerschaft die in einem sogenannten Weistum niedergelegten Stadtrechte und -pflichten vorgelesen. Auf dem Marktplatz befand sich auch ein Widbrun, d. h. eine Kombination aus Weede (Löschteich und Viehtränke) und Brunnen.

Unter den verschiedenen Gau-Algesheimer Märkten erlangte der Weinmarkt die größte Bedeutung. Auf ihm wurden die Weinpreise verbindlich festgesetzt. Erst nach Beendigung des Marktes waren Verkäufe des liegengebliebenen Rebensaftes zu freien Bedingungen möglich. Zu Mascops Zeit gehörten die Weinmärkte bereits der Vergangenheit an. Es galt aber immer noch der Brauch, daß fremder Wein erst dann in die Stadt eingeführt werden durfte, wenn der Gau-Algesheimer verbraucht war. Die Einnahmen aus den Märkten hatte sich der Mainzer Erzbischof gesichert und verpfändete sie im 14. Jahrhundert mehrfach zusammen mit dem Schultheißenamt.

Der Mainzer Stadtherr bezog auch die Pacht aus den zwei Backhäusern beiderseits der Schmiede (Schmid) am Marktplatz, welche 1668 neun Gulden erbrachten. Im Mascopschen Plan ist nur eines von beiden gekennzeichnet. Alle Einwohner waren verpflichtet, in einem der erzbischöflichen Backhäuser das Brot backen zu lassen. Der Bäcker mußte den Teig bei den Kunden abholen und die fertigen Brote nach Hause liefern. Dafür erhielt er pro Malter zwei Brote und elf Heller für das Brennholz. Die Armen konnten statt der zwei Brote auch mit elf weiteren Hellern zahlen. Ähnlich wie die Backhäuser war auch die Badestube (Badstub) Ecke Badstube/Froschau erzbischöfliches Eigentum. Sie war 1668 für 1 Gulden 7 Albus 4 Pfennige verpachtet. Der Bader durfte für seine Dienste die sogenannte Badstubenäcker nutzen. In dem öffentlichen Bad konnten alle Bürger vor den größeren Feiertagen für einen geringen Geldbetrag baden.

Doch nun zu den Wohnverhältnissen der Stadtbevölkerung: Die Dorfordnung von 1590 bemerkt zu den Häusern der Stadt: Sie sind einesteils so gering, die weder Scheuer, Ställe oder Höfe haben. Man darf daraus schließen, daß sich die Wohn- und Lebensverhältnisse der meisten Gau-Algesheimer kaum von denen der Landbevölkerung in den umliegenden Bauerndörfern unterschieden. Lediglich der Anteil der Handwerker und Amtsbediensten war hier höher. Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung lebte jedoch bescheiden vom Weinbau und der Landwirtschaft.

Von den vielen kleinen Bauerngehöften und Handwerkshäusern hoben sich nur wenige größere Höfe ab. Sie wurden von Mascop in der Stadtansicht durch Beschriftungen gekennzeichnet. Der größte und bedeutendste unter ihnen war der erzbischöfliche Fronhof mit der Zehntscheuer. Mascop nennt ihn Mentzer Hof. In den übrigen historischen Quellen heißt er meist Kreuzhof. Es handelt sich hier um den alten königlichen Fronhof, dessen Ländereien den größten Teil der Gemarkung ausmachten und schon früh in die Hände der Mainzer Erzbischöfe übergegangen war. Diese verschenkten einen Teil des Grundbesitzes an Mainzer Klöster und Stifte und stellten Anteile der Beunde (= abgegrenztes Herrenland) zum Ausbau der Stadt zur Verfügung (heute: Obere und Untere Bein). Im 14. Jahrhundert wurde der Hof, dessen Hubgericht sich im vorausgehenden Jahrhundert zum Ortsgericht entwickeln konnte, mit dem Schultheißenamt mehrfach verpfändet. Die Wiesen des Hofes (z. B. im Brühl) waren gegen einen Geldzins verliehen oder standen den berittenen erzbischöflichen Beamten als Teil der Besoldung zur Verfügung. Im Areal des Kreuzhofes stand die Zehntscheuer (Zehenscheur). Der Gau-Algesheimer Zehnt war im Spätmittelalter teilweise an Adlige und später an den Kustos von St. Viktor bei Mainz vergeben. Dem Mainzer Kurfürsten gelang es jedoch 1572 alle Zehntanteile wieder in seiner Hand zu vereinigen. Zu den Fronpflichten der Gau-Algesheimer gehörte es, den Weinzehnt an das Rheinufer bei Kempten oder Weinheim zu liefern.

An abgabefreien Herrschaftsgehöften gab es 1577 nur noch zwei Adelshöfe und ein Klostergut. Dies war einmal der Hof der Herren Reuß von Gundheim (Reuser Hof) im Petersweg (heute: Neugasse). Die Adelsfamilie hatte über drei Generationen hinweg bis 1560 den Stadtschultheißen gestellt. Es waren wohl die letzten Adligen, welche dieses Amt ausübten. Der Verkauf des Gutes mag mit dem Aussterben der Familie zusammenhängen. Jedenfalls war der Hof vor 1618 in bürgerlichen Besitz übergegangen. Der zweite Adelshof, der als einziger bis zur Franzosenzeit überlebte, gehörte 1577 den Rheingauer Herren von Greiffenclau zu Vollrads und lag in der Langgasse. Mascop nennt ihn Greifenclaer Hof. Neben diesen Adelshöfen zeigt der Stadtplan an der Biegung der Weingasse (Wein gass) den Klostergutshof der Nonnen des Mainzer Reichklaraklosters, den Clarnhof.

Alle weiteren im Stadtplan Mascops gekennzeichneten Gebäude gehörten der Pfarrgemeinde. Da ist zuerst die Pfarrkirche (Kirch) zu nennen. Sie war - wie damals üblich - von einem Friedhof umgeben und durch eine hohe Mauer von der profanen Welt abgegrenzt. Die Pfarrer bzw. Plebanen bewohnten (wie heute noch) den benachbarten Pfarrhof in der Schloßgasse. Die Ortsgeistlichen durften nicht, wie sonst allgemein üblich, die Einkünfte des Pastoreigutes genießen, vielmehr flossen die Pachterträge des Pfarrgutes in die erzbischöfliche Kellerei, aus welcher dem Ortsgeistlichen jährlich 50 gülden Batzen, 2 Fuder Wein und 20 Malter Korn ausgezahlt wurden. Die Kellerei zog auch die Kircheneinkommen ein, welche sich 1590 auf 1 Fuder 16 Viertel Weinzinsen und 103 Gulden 21 Albus 5 Denare 1 Heller Geldzinsen beliefen. Aus diesen Einnahmen und dem Gewinn aus dem Korn- und Weinzehnt mußte der Mainzer Erzbischof, der das Recht der Pfarrbesetzung besaß, Kirche und Pfarrhof instandhalten. (...)

Neben dem Pfarrer gab es im späten Mittelalter in Gau-Algesheim noch weitere Geistliche, die Altaristen. Diese waren verpflichtet, an bestimmten Tagen eine Messe an bepfründeten Altären zu halten und genossen hierfür die damit verbundenen Einkünfte aus dem für den Altar gestifteten Grundbesitz. Für Gau-Algesheim sind folgende bepfründete Altäre nachweisbar: die Nebenaltäre Hl. Kreuz, Liebfrauen, St. Barbara und St. Katharina in der Pfarrkirche, die Altäre in der Johannis- und Michaelskapelle und schließlich ein St. Antonius- und ein St. Stephanusaltar, deren Standorte sich nicht mehr ermitteln lassen. Die ungewöhnlich große Zahl von Altaristen bildete eine Gemeinschaft, welche täglich in der Pfarrkirche gemeinsam das Chorgebet verrichtete und hierfür im 14. Jahrhundert 3 Heller Zins aus einem Weinberg bezog. Da die Altarpfründe sehr bescheiden waren, kam es zu Doppelbesetzungen und schließlich zur zweckfremden Nutzung der Erträge. Zu Mascops Zeiten war nicht mehr bekannt, wer das Besetzungsrecht der einzelnen Altäre besaß. Der Olmer Amtmann vergab sie auf Vorschlag des Stadtrates, welcher hierbei die einheimischen Bewerber bevorzugte. 1577 waren nur noch der St. Barbara- und der Liebfrauenaltar im ursprünglichen Sinne der Stifter im Besitz eines Geistlichen, allerdings beide in der Hand eines einzigen Altaristen. Zum St. Barbara-Altargut gehörte eine Altaristenbehausung (nach dem Mascopschen Plan S[ankt] Barbara in der Neugasse gegenüber der Pfarrkirche), die 1590 als gar verfallen und baufällig beschrieben wird. Das Altaristenhaus des St. Katharinen-Altargutes (S[ankt] Catharin) lag (mit Scheunenplatz) im Bereich der heutigen Flösserstraße. Die Erträge des Gutes kamen Ende des 16. Jahrhunderts Gau-Algesheimer Bürgerskindern zugute, die - wie es 1618 heißt - Lust zum Studieren hätten. Im folgenden Jahrhundert wurde es dem Schulgut zugeschlagen. Der Schulmeister bezog die Einkünfte aus den Gütern des Hl. Kreuz-Altares und bewohnte seit der Jahrhundertmitte die dazugehörige Behausung mit Scheuer, die auf dem Plan von Mascop in der Froschau mißverständlich mit H[eilig] Creutzhof gekennzeichnet ist. Außerdem bezog der Lehrer 13 Gulden aus der Bede für das Stellen der Turmuhr und das Vorsingen in der Kirche.

Der Schulunterricht wurde in der als Schul gekennzeichneten ehemaligen St. Michaelskapelle (vielleicht auch in einem Anbau) am Friedhofsrand abgehalten. Die Kapelle bestand ursprünglich aus einem Beinhaus, in dem man die Knochen, welche bei der Anlage von neuen Gräbern geborgen wurden, aufstapelte und darüber im 1. Stockwerk einer Totenkapelle, welche - wie im Mittelalter üblich - dem Erzengel Michael geweiht war und der Abhaltung von Gedächtnismessen für die Verstorbenen diente. Die ehemalige Kapelle und das Hl. Kreuz-Altarhaus blieben in der Folgezeit beide in den Händen der Schulmeister. Das Haus in der Froschau hieß im 18. Jahrhundert das alte Schulhaus oder Crucis-Altarhaus und war für 10 Gulden vermietet, bis es 1790 verkauft wurde. Das Gebäude an der ehemaligen Kapelle nannte man zu dieser Zeit ein wohl aufgebautes Schulhaus samt Bezirk am Kirchhof. Man ersetzte es 1826 durch einen Schulneubau. Dabei wurden die Gebeine des ehemaligen Beinhauses teils am Platz selbst, teils in der südwestlichen Ecke des Kirchhofes neben der Schulscheuer bestattet. Das zur St. Michaelskapelle gehörige Gut war seit den 60er Jahren des 16. Jahrhunderts zusammen mit dem St. Johannes-Altargut an das Organistenamt gekoppelt. Dieses wurde in der Regel vom Schulmeister mitausgeübt. Die St. Johanniskapelle an der Stadtmauer neben dem Johannsturm ist von Mascop nicht in seinen Plan aufgenommen worden. Vielleicht wird sie hier vom Joansthurn verdeckt. Auch das Altaristenhaus (samt Scheuer und Garten) ist im Mascopschen Plan nicht berücksichtigt. Die Pfründe beider Altäre wurden im folgenden Jahrhundert dem Organisten entzogen und in eine Kaplanstiftung eingebracht.

Der Plan von 1577 zeigt an der Ecke von Kloppgasse und Hospitalstraße (bis 1894/1914 Teil der Oberen Bein) noch eine weitere Kapelle, die er der Hl. Margarete (St. Margreth) zuschreibt. Sie gehörte zum ehemaligen Hospital der Stadt, das auf eine Stiftung zurückgeht. Nach einem Bericht aus dem 18. Jahrhundert wurde es vom Hofmann des Spitalgutes bewohnt. Dieser mußte ein besonderes Zimmer für arme Durchreisende in seinem Hause freihalten. Das Gastzimmer konnte von der Straße aus durch einen eigenen Eingang betreten werden. Jeder Gast hatte Anspruch auf Verpflegung und eine Übernachtung. Nur Kranke durften länger bleiben. Die Kapelle wurde Anfang des 19. Jahrhunderts abgebrochen. Heute erinnert nur noch ein Tympanon (= Bogenfeld über Eingangsportalen) aus dem 12. Jahrhundert am Ende der Kloppgasse mit einer Darstellung Christi als Weltenrichter an die ehemalige Kapelle des Spitals. Außer den drei erwähnten Stadttoren gab es noch einen weiteren Ausgang durch die Stadtmauer, und zwar an der Schloßgasse (Schlos gass). Er führte durch einen Torturm über eine Zugbrücke in die Burg Ardeck, die von Mascop allerdings Landaw genannt wird. Sie war von zwei Ringmauern und einem breiten Graben umgeben. Das Schloßgebäude bestand aus einem einflügeligen Bau mit Hauptfassade zur Stadt hin. Hierin zeigt sich wahrscheinlich eine der Bauintensionen des kurfürstlichen Bauherrn Dietrich von Erbach (1422-1444). Neben der militärischen Funktion nach außen sollte die Burg auch der Eindämmung der städtischen Freiheiten und der Selbstverwaltung Gau-Algesheims dienen. So residierte in dem imposanten Bauwerk der erzbischöfliche Amtmann (bzw. ab 1530 der Keller) als herrschaftliches Gegengewicht zu Stadtschultheiß und Stadtrat. Im Burgbereich stand eine Kapelle, welche dem Mainzer Erzbischof Bonifatius geweiht war. An dessen Todestag, dem 5. Juni, pilgerten die Gau-Algesheimer von der Pfarrkirche in die Burgkapelle und feierten dort einen Gottesdienst. Nach der Vesper kehrte man zurück in die Stadt und beging in der Zehntscheuer des erzbischöflichen Kreuzhofes die Bonifatiuskerb mit Wein und Tanz.

Resümee

Die Gau-Algesheimer Karten im Atlas des Kartographen Gottfried Mascop manifestieren anschaulich alle wichtigen Strukturmerkmale einer kleinen Amtsstadt des 16. Jahrhunderts. Äußerlich gesehen trägt diese noch das typische Gepräge einer mittelalterlichen Stadt. Ummauerung, großer Marktplatz, Schule, Badestube, Kapellen sowie Höfe von Adels- und Altargütern heben sie von den einfachen Bauerndörfern ab und erinnern an die Zeit der Stadtrechtsprivilegien. So besaß Gau-Algesheim im 14. Jahrhundert durch die Märkte eine wirtschaftliche Mittelpunktfunktion. Parallel zu diesem Wirtschaftsaufschwung entwickelte sich auch die städtische Selbstverwaltung weiter und erreichte sogar gewisse Freiheiten und Privilegien gegenüber dem kurfürstlichen Stadtherren. Diese gipfelten im 15. Jahrhundert im Mitspracherecht bei der Besetzung des Schultheißenamtes. In diesem Zusammenhang sind auch die kontinuierlichen Bemühungen des Stadtrates zu sehen, seine althergebrachten Verbindungen mit dem Rheingau zu intensivieren und dadurch Anteil an den dortigen Freiheiten und Sonderrechten zu erhalten.

Mascops Pläne veranschaulichen aber mindestens ebenso deutlich das politische Gegengewicht des Mainzer Erzbischofs als Stadtherren, welcher seine Herrschaftsposition im 16. Jahrhundert konsequent und erfolgreich steigern und letztlich mit der Niederschlagung der Aufstände im Bauernkrieg uneingeschränkt durchsetzen konnte. In der Burg Ardeck vor der Stadt manifestieren sich seine Herrschaftsansprüche als Landes- und Leibherr. Der Kreuzhof im Stadtinneren zeigt ihn unübersehbar als größten Grundbesitzer. Die in den erzbischöflichen Hof integrierte Zehntscheuer erweist ihn als Inhaber des Zehnt- und aller übrigen kirchlichen Rechte. Darüber hinaus gehörten ihm die Bannbackhäuser und -mühlen. Zu Mascops Zeiten war dem Stadtrat lediglich das Privileg verblieben, die Pfründe der Nebenaltäre und Kapellen zu vergeben. Aber selbst dieses Recht zog der Erzbischof zu Beginn des folgenden Jahrhunderts an sich und setzte sich somit souverän als Herr über alle wichtigen innerörtlichen Angelegenheiten durch. Nach dem Dreißigjährigen Krieg sollte der herrschaftliche Druck in absolutistischer Manier noch einmal verstärkt werden, so daß sich die Gau-Algesheimer Bürger in nichts mehr von den Untertanen der übrigen Amtsdörfer unterschieden.

Faßt man zusammen, so erweisen sich die Pläne des Kartographen Gottfried Mascop als ein einzigartiges Portrait einer kleinen Stadt, das einerseits die ehemaligen städtischen Strukturen noch widerspiegelt, andererseits aber ebenso deutlich zeigt, daß Gau-Algesheim im Jahre 1577 bereits ein typischer landesherrlicher Amtssitz und ein regionales Verwaltungszentrum geworden war. Der größte Teil der Bevölkerung lebte aber davon unberührt vom Weinbau und von der Landwirtschaft, so daß man die damalige Gemeinde noch angemessener als Amts- und Ackerbürgerstadt charakterisieren kann.

Der vollständige Text mit Fußnoten und weiteren Bildern im Gau-Algesheimer Lesebuch: Gottfried Kneib, Stadt und Gemarkung im Atlas des Kartographen Gottfried Mascop, in: Gau-Algesheim. Historisches Lesebuch, 1999, 253-274.